Staffeldt, A. W. Schack von Die Stunde der Andacht

Die Stunde der Andacht

Leise athmen rings umher die Leben,
Träumen gleich der Seligen, umschweben
Ahndungen von ferner Zukunft mich:
Heilig und geweiht ist diese Stäte,
Mein Gefühl entlodert zum Gebete,
Nahet, Schöpfer, deinem Throne sich.

Das Gefühl im düstern Tannenhaine,
Die Betrachtung, die beim Sternenscheine
Bang' den Vorhang jener Welt umfliegt -
Jede Kraft, die der Natur entquillet,
Die des Edlen schöne Seele füllet,
Stärke mich, wann meine Kraft versiegt!

Jeder Thränenguß beim Feierschalle
In des Tempels hochgewölbter Halle
Sey ein Vorgefühl der Seligkeit!
Jede That, mit der die Menschheit ringet,
Jede, die das Mitgefühl umschlinget,
Sey ein Funken deiner Herrlichkeit!

Schwinden dann des Sinnenlands Gestalten,
Die mit banger Ahndung mich umwallten,
An dem Sterbelager, Träumen gleich,
Dann erhebe auf der Hoffnung Schwinge
Kühner meine Ahndung sich und bringe
Mich hinüber in der Geister Reich!