Briefe eines Ungenannten an Enevold Brandt, welche in der Brieftasche, die dieser beständig bey sich trug, gefunden sind. Aus dem Französischen übersetzt.

Briefe

eines

Ungenannten

an

Enewold Brandt,

welche

in der Brieftasche,

die dieser bestandig bey sich trug, gefunden sind.

Aus dem Französischen überseht.

Kopenhagen,

dey Peter Steinmann, Buchhändler, 1772.

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Mein Herr,

Sie werden Sich vielleicht wundern von einem Ungenannten einen Brief zu erhalten, der eine Sache von so großer Wichtigkeit betrift. Der Ungenannte ist ein Freund. Bey andern Gelegenheiten hat er Ihnen gerade zu die Wahrheit gesagt; allein in der Zeit, worin wir jetzt leben, ist es nicht rathsam, daß man sich, vielleicht ohne Nutzen dadurch zu stiften, bloß stellet.

An den beyden letztern Cour-Tagen in Hirschholm, habe ich auf Gelegenheit gelauret, Ihnen einige Worte ins Ohr zu sagen, es ist mir aber nicht möglich gewesen dazu zu kommen. Sie haben es bemerken können, wenn Sie Darauf geachtet haben. Ich fand Sie mit einem andern Gegenstände so beschäftigt, daß ich nicht nahe genug an Sie kommen konnte, um Ihnen einen Wink zu geben, und ausdrücklich nach Hirschholm zu reisen, um mit Ihnen zu sprechen, fand ich nicht für gut.

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Sie haben es einmahl bewiesen, daß die Ehre Ihres Herrn Ihnen lieb sey. Man wollte zu der Zeit behaupten, Ihr Unternehmen gründe sich nicht auf Eifer und Treue, sondern auf Eifersucht und Eigennutz: Sie hätten sich Hofnung

gemacht, wenn es Ihnen gelänge den Grafen H – – –

zu stürzen, der Nachfolger seiner Gunst und seines Ansehens zu werden. Indessen traute der größte Hausse Ihnen dazumahl edlere und uneigennützigere Absichten zu. Es kann sehr wohl seyn, daß die Folgen, die diese Handlung damahls hatte, so starken Eindruck auf Sie gemacht haben, daß Sie nun nichts weiter wagen mögen. Sie haben aber doch nachher gesehen, daß die Ungnade, in die Sie damahls fielen, Ihnen mehr vortheilhaft als schädlich gewesen ist. Glauben Sie nicht, mein Herr, daß das alles durch einen bloßen Zufall so gekommen sey: eine mächtige Hand hat die Sache gelenket. Ich weis nicht, was für einen Begrisk Sie sich von Gott machen: ob Sie einen Gott glauben, oder ob Sie bloß ein fatum stoicum annehmen. Es würde sehr überflüßig seyn, sich mit Ihnen über einen so wichtigen Lehrpunkt in Streit einzulassen. Die Zeit wird kommen, da Sie durch Erfarung überzeugt seyn werden, daß ein Gott sey, daß dieser Gott alles sehe, alles wisse, alles regiere, daß er Tugend belohne und das Laster früh oder spät bestraffe.

Von Ihrer Bekehrung, mein Herr, ist jetzt nicht die Rede; aber davon ist die Rede, daß Sie sich entschließen sollen Ihre Pflicht zu erfüllen, und zwar eine Pflicht, die ein jeder Heyde, der nicht zum gemeinen Hauffen seines Volks gehörte, seinem Könige, seinem Vaterlande, sich selbst

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und den seinigen schuldig zu seyn, glauben würde; die selbst heydnische Gesetze einem jeden Unterthan und jedem Manne auflegen, der auf Ehre Anspruch machen will.

Sie sehen, wie man mit Ihrem Könige und Wohlthäter umgehet. Sie sehen die Unanständigkeiten, die unter Ihren Augen Vorgehen, und an denen Sie selbst nur gar zu vielen Theil haben. Sie sehen wie man mit dem Königreiche schaltet, und das unterste oben kehret. Zuweilen ist es mir so vorgekommen als wenn Sie es nicht ohne Empfindung ansähen. Schlagen Sie in sich! besinnen Sie sich nur, so werden Sie nicht lange unschlüßig seyn. Sie wissen gewiß, wenn es anders wahr ist, (und es ist nur allzu wahr) daß das Leben des Königs in Gefahr ist, und daß man vielleicht alle Vorkehrungen macht, um böse Anschläge, wenigstens wieder seine Freyheit, auszuführen. Es ist unmöglich, daß Sie nicht auch wissen sollten, wie das Publikum diese Sache ansieht, und daß man dermahleinst das Leben und die Freyheit dieses Prinzen von Ihnen fordern wird, der Sie jetzt um ihn sind und alles sehen und wissen. Ueber kurz oder lang wird Ihr Kopf dafür haften müssen. Retten Sie ihn, ich beschwöre Sie darum bey der Freundschaft, die ich für Sie habe, bey Ihrer eignen Wohlfahrt beschwöre ich Sie! und Sie können es. Sie sehen, daß dieser Herr es merket: aus seiner Begierde sich von einem Ort und von einer Geselschaft zu entfernen, wo er gemißhandelt wird, und aus seinem Wiederwillen dahin zurückzukehren, können Sie es abnehmen. Er wird Ihnen einmahl entwischen, oder durch irgend eine glückliche Begebenheit Ihren Händen entzogen werden, und wie wird es

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alsdann um Sie stehen? Wäre es nicht besser, daß Sie Ihre Pflicht thäten, und dadurch auf eine dauerhafte und ruhmvolle Art Ihr Glück machten? Sie würden es in dem Falle sich selbst, Ihrem Eifer, Ihrer Treue und Liebe zum Könige zu verdanken haben. Der König würde aus Erkenntlichkeit Sie mit Gütern und mir Ehre überhäuffen, und nie würde der Unterthan Sie für sattsam belohnt halten. Gegenwärtig hängen Sie und Ihr Glück einzig und allein von dem Eigensinne eines Elenden ab, der Sie eben so braucht wie der Affe die Katze, und der über lang oder kurz, wenn er Ihrer Dienste nicht weiter bedarf, Sie in den Staub treten wird. Wenn Sie nicht vorsätzlich blind seyn wollen, so glaube ich sicher. Sie müssen es schon mehr als einmahl haben bemerken können.

Wenn der König einmahl in die Stadt kömmt, so suchen Sie es so zu machen, daß er sich aufs Schloß begiebt, und bewegen Sie ihn, einen oder zwey seiner getreuen Diener vor sich kommen zu lassen, damit sie ihm über die Maaßregeln, die er zu nehmen hat, mit ihrem Rathe beystehen. Zum Unglück ist die Anzahl solcher Leute sehr klein, und erstreckt sich vielleicht nur auf eine oder zwey Personen: denn man hat die besten Köpfe im Reiche sorgfältig entfernt. Sie werden die Person zu finden wissen, ohne daß ich sie nenne. Muth, Redlichkeit und Erfahrung sind die Eigenschaften, wobey Sie sie erkennen sollen. Ich könnte sie Ihnen nennen, aber damit Sie nicht glauben, daß ich darunter besondere Absichten hege, will ich es lieber nicht thun. So viel muß ich Ihnen indessen sagen, es darf weder Hr. – – – noch Hr. – – –

seyn: beyde sind in gleichem Grade dem Volke verhaßt. Ihr.

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Leben hängt an diesem Rath, den ich Ihnen als Ihr Freund, und als ein getreuer Diener des Königs gebe. Folgen Sie ihm nicht, und setzen Sie die Treue gegen Ihren König und Wohlthäter an die Seite; so können Sie gewiß versichert seyn, es kostet Ihnen Leben, Ehre, und alles was einem ehrlichen Mann das liebste in der Welt ist: und kein Mensch wird Sie beklagen. Werden Sie aber dagegen so handeln, wie es Ihre Pflicht erfordert, werden Sie den König aus den ruchlosen Händen erretten, in die er gefallen ist; so können Sie sicher seyn, daß keine Ehre, kein Glück, kein Wohlstand zu erdenken ist, worauf Sie nicht, mit Einstimmung aller getreuen Unterthanen des Königs, Rechnung machen dürften.

Vielleicht entschließen Sie sich Ihrem Struensee diesen Brief zu zeigen, um ihm einen Beweis der Treue zu geben, die Sie ihm vielleicht zum Nachtheil derjenigen Treue geschworen haben, die Sie Ihrem Könige schuldig sind, und

um ihn zu bewegen, dem Gemahl der – – – einige neue

Vortheile zufliessen zu lassen. Es kann seyn, daß er es thut, daß er Sie betrügt, um Sie noch einige Zeit in seinem Netze zu behalten. Aber glauben Sie nur, Ihr Unglück ist gewiß, so bald man etwas Böses wider den König ausgeführt hat, und wer weis, ob man nicht alsdann alle Schuld auf Sie schieben wird?

Ich erkläre Ihnen hiemit, daß Sie mit Ihrem Leben für die Person des Königs einstehen müssen: Sie sind allezeit

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bey ihm, Sie begleiten ihn überall, und Ihnen ist seine Person anvertraut. Und damit Sie sich keine Hoffnung machen, als könnten Sie mit dem Vorwande der Unwissenheit durchkommen; so gebe ich Ihnen mein Ehrenwort, daß in diesem Falle, das Concept dieses Briefes, zur rechten Zeit und am gehörigen Orte wieder Sie aufgezeiget werden sott. Erinnern Sie sich, um hierin nicht zu irren, an das Siegel, worin die Anfangsbuchstaben meines Rahmens stehen; auch, dieses soll wieder Sie beygebracht werden.

So Wohl das Leben und die Gesundheit des Königs, als auch die Wohlfahrt Ihres Vaterlandes, sind in Ihren Händen. Betragen Sie sich so, wie Sie glauben, es vor Ihren sämmtlichen Mitbürgern verantworten zu können; ich will nicht sagen vor Gott, weil ich nicht weis, was für eine Idee Sie von Gott haben. Soll ich aus der Unterredung schließen, die wir vor einiger Zeit, in Ihrem Zimmer, und zwar das einemahl auf Christiansburg, das andremahl in Hirschholm mit einander gehabt haben; so ist Ihre Idee nicht diejenige, die Sie billig haben sollten.

Sie sehen wohl, daß ich mich nicht scheue, Ihnen Anleitungen zu geben, nach welchen Sie errathen können, wer ich bin. Bey dem allen kann ich Ihnen dieses versichern: wenn Sie sich so verhalten, wie ich es mir von Ihrem Stande verspreche, so sollen Sie finden, daß Sie keinen getreuern, keinen ergebnern Freund haben, als mich.

Den 8ten Julius 1771.

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Den 19 September 1771.

Da sehen Sie es, mein Herr, meine Prophezeyung trift richtig ein: Sie sehen schon die Früchte des unwürdigen Betragens, das Sie beobachtet haben. Sie sind treulos gegen Ihren König und Wohlthäter gewesen, andre gehen treulos mit Ihnen um. Man hat Sie gebraucht, so wie der Affe die Katze braucht; man trieb sein Spiel mit Ihnen; nun, da man Sie unters Joch gebracht hat, lacht man Sie aus. Nächstens wird man Sie mit Verachtung fortschicken; vielleicht sperrt man Sie auch auf die übrigen Tage Ihres Lebens ein, damit Sie nichts ausplaudern können, oder man findet wohl gar für gut, Sie auf eine oder die andre Art in die andre Welt zu schicken. Solcher Vergeltung war Ihre Verrätherey, Ihre Feigheit und Niederträchtigkeit werth. Ich habe es Ihnen in meinem Briefe vom 8 Julius vorhergesagt. Die Freundschaft, die ich für Sie hatte und von der ich Ihnen unleugbare Beweise gegeben habe, ist seit der Zeit sehr erkaltet. Sie verdienen nicht, daß ich länger Ihr Freund bleibe, da Sie nicht fähig waren einem guten Rathe zu folgen, oder das zu thun, was Ehre und Pflicht von Ihnen forderten. Das schändliche Leben, das Sie jetzt führen, galt Ihnen mehr. Hätten Sie den Rath annehmen wollen, den ich Ihnen damahls gab, so würden Sie den König in Freyheit gesetzt haben. Sie würden sich durch diese Handlung einen unsterblichen Ruhm erworben haben. Sie würden der Pflicht eines guten Unterthanen, eines getreuen Dieners und ehrlichen Mannes nachgekommen seyn Sie würden, den Beyfall aller Ihrer Mitbürger

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ohne Ausnahme, ja den Beyfall von ganz Europa verdient haben. Alle Welt würde dazu beygetragen haben, Ihnen Gnadenbezeigungen, Belohnungen und Vorzüge zu verschaffen, die Ihrer Treue, und dem Dienste, welchen Sie dem Könige und dem Vaterlande geleistet hätten, angemessen wären. Ich wüste auch in der That nicht wie jemals Belohnungen vollkommner hätten verdient seyn können. Und was sind Sie dagegen jetzt? abscheulich in aller Menschen Augen: das Gespräch und der Fluch des Königreichs, ja des ganzen Erdbodens. Man hatte auf Ihre Treue, auf Ihre Liebe zum Könige und auf Ihre Pflicht Rechnung gemacht; man hat sich gröblich betrogen: nun folgt die Straffe nach. Man verkündigt im ganzen Königreiche Ihre Schande, und nennt mit Abscheu Ihren Nahmen; bey Hofe sind Sie für nichts geachtet: man speiset Sie mit leeren Worten ab, zeigt Ihnen in der Ferne Schattenbilder von Hoheit und Würde, und läßt Sie an dem leeren Titel eines Grafen, an diesem ewigen Denkmahl Ihrer Treulosigkeit, Ihrer Schwachheit, Feigheit und Schande Ihre stolze Freude haben, da indessen ein Struensee den König und die Königliche Familie ins Angesicht beleidigt; alle rechtschaffene Leute angreift, nicht weil sie ihn beleidiget haben, sondern um seine Allmacht sehen zu lassen; alle Macht an sich zieht; sich zum Herrn aufwirft über die Regierung, Geschäfte, Königreich, ja über den König selbst, den er in den Augen des ganzen Erdbodens entehret; mit den Finanzen unumschränkt und wieder alle Ordnung schaltet. Dieser Elende durfte es wagen, sich mit seinem Herrn im gleichen Rang zu setzen: durch einen Cabinetsbefehl, den er selbst paraphirt hatte, seiner Unterschrift ein Ansehen zu verschaffen, das nach den Grundgesetzen des Reichs einzig und allein der Unterschrift

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des Königs zukömmt. Ihre Feigheit und Ihr unwürdiges Verhalten sind ihm behülflich gewesen so hoch zu steigen; Sie allein hätten ihn daran verhindern können: Ihnen wird also auch die Schuld davon beygemessen. Wenn er Schandthat und Meuchelmord begeht, so thut er es um zu regieren: Sie hingegen tragen dazu das ihrige bey aus Zaghaftigkeit, und um dem Willen eines Cromwel zu gehorchen, der, um sich zu retten, tausendmahl das Leben Ihres Königs seinen strafbaren Absichten und seiner Sicherheit aufopfern wird. Anstatt den König von allen den Dingen zu unterrichten, die Sie besser sehen und wissen, als irgend ein andrer Mensch: denn scharfsichtig genug sind Sie, das sieht man so bald es auf Ihre eigne flüchtigen Vortheile ankömmt: statt dessen, sage ich, sind Sie diesem Diederich Schlagheck behülflich, sich der Königlichen Gewalt anzumassen, Ihren Souverain von sich abhängig zu machen und in den Augen seiner Unterthanen herunter zu setzen, um dadurch die Liebe der Unterthanen auszulöschen oder wenigstens diese unauslöschliche Liebe zu verringern; ja, wie alle Welt sagt, tragen Sie sogar dazu bey, ihn zu mishandeln.

Sie, der Sie alles Unglück abwenden, der Sie den König aus den Händen eines Nichtswürdigen erretten können, und es doch, nicht thun, Sie sind strafbarer als der Verräther selbst, Sie allein haben es zu verantworten und werden auch, so gewiß als ein Gott im Himmel ist, es dereinst mit Ihrem Leben verantworten müssen.

Die Staatsgeschäfte gerathen, wie Sie sehen, in die äusserste Unordnung. Alles wird über einander und unter einander ge-

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worffen. Man verwirret alle Dinge mit einer Unverschämtheit, von der die Geschichte kein Beyspiel aufzuweisen hat. Die rechtschaffensten Leute im Lande, Leute, die lange, getreu, untadelhaft und vom Neide unangefochten gedient haben, schickt man fort. Man jagt sie schimpflicher Weise weg, wenn entweder sie sich nicht auf die zerstörende Entwürffe dieses elenden Artztes einlassen wollen, oder man Ihre Redlichkeit fürchtet. Ihre Stellen besetzt man wieder mit untüchtigen Leuten, mit Leuten, die weder das Land, noch die Lage unsrer Sachen kennen, die sich nie auf den Theil der Reichsgeschäfte gelegt haben, den sie übernehmen; mit einem Worte, mit Leuten, denen niemand jemahls zugetrauet hat, daß sie auch nur die ersten Grundsätze der Staatsverwaltung erlernet hätten.

Was heißt das, ich bitte Sie um Gottes Willen, einen

— — —, einen — — — Professor der Mathematick

aus Lignitz, der Dännemark kaum auf der Landkarte zu finden

gewust hat, einen — — — an die Spitze der Finanzen zu

stellen? Und solchen Leuten giebt man jährlich 3000 Rthlr., da man indessen andre, die 40 bis 50 Jahre und noch länger, treulich und untadelhaft gedient haben, Hungers sterben läßt: warum? weil diese nicht fähig waren ihren König und das Vaterland zu verrathen, oder an aufrührerischen und verderblichen Anschlägen Theil zu nehmen. Jene Unwissende erkühnen sich eine Bürde auf sich zu laden, vor der ein Mann von Kopf und Erfarung, wäre er auch der allerentschloßenste, zu allen Zeiten und besonders in diesen unglücklichen Zeiten erzittern würde: doch, es ist wahr: dieser kennet die Gefahr, und hat nicht Lust, weder das Wohl des Staats, noch seine eigne Ehre aufs Spiel zu setzen; da hingegen jene nichts zu

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verlieren haben, und die unglücklichen Folgen ihrer Untüchtigkeit und Unwissenheit nicht übersehen können.

Sie sehen, mein Herr, daß das Publikum dieses alles weis und empfindet. Die Folgen einer so Übeln Verwaltung sind im Stande das Volk bis zu dem gewaltsamsten Verfahren aufzubringen; und zwar ist dieses um so viel mehr zu befürchten, da es bereits öffentlich davon redet und sein Mißvergnügen ohne Zurückhaltung zu erkennen giebt. Sie, mein Herr, wissen dieses, und Sie verbergen es dem Könige; Sie, der allein Seiner Majestät sich nähert; denn den übrigen Unterthanen ist der Zugang zum Throne verschlossen: Sie allein können den König von der höchst gefährlichen Lage unterrichten, worin so wohl Er als seine Königreiche sich befinden. Vielleicht ist Er nahe dabey das eine derselben zu verlieren, und zwar der ausserordentlichen Gleichgültigkeit wegen, die man gegen diese behertzte und getreue Unterthanen äussert; und wenn Er fortfährt diesen bösen Anschlägen Gehör zu geben, so wird in kurzem alles, ohne Rettung, verlohren seyn.

Sie sehen, mein Herr, wie unsre Sachen ausserhalb stehen, und in welchem Grade die ausländischen Angelegenheiten verwirret werden unter der Führung der Cabale und durch die Unfähigkeit unsers großen Cabinets-Ministers, der sich darin mischet. Es geht so weit, daß der Nahme der Dänen ein Vorwurff geworden ist.

Sie sehen und wissen wie unumschränkt Seine Excellenz, unser großer erster Minister, der Herr Graf von Struensee über die Landeseinkünste, über dieses reinste Blut der armen Unterthanen gebietet.

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Sie, mein Herr, sind ein Däne, ein - Edelmann, Sie sind von dem Könige geliebt, Sie und Ihre Familie haben so viele Wohlthaten vom Könige empfangen, und Sie schweigen stille! müssen Sie sich nicht schämen, und sind Sie nicht nach Ehre und Gewissen überzeugt, daß Sie selbst, und zwar zuerst, das Opfer einer solchen Aufführung seyn werden? Sie, der Sie es tausendmahl hätten verhindern oder hintertreiben können.

Sollte ein Aufruhr oder eine Empörung entstehen, welches Gott nach feiner Barmherzigkeit abwenden wolle! an wen würde ein aufgebrachtes Volk sich halten? an wen anders als an Sie, der Sie wenigstens eben so strafbar sind, als Struensee? Sie stehen in Gefahr, eine Aufführung, die eines ehrlichen Mannes so sehr unwürdig ist, dereinst mit Ihrem Leben büssen zu müssen.

Wachen Sie auf, und kehren Sie zu Ihrer Pflicht zurück! Ich beschwöre Sie darum bey der Asche Ihres Vaters, den Sie nie gekannt haben, bey den Thränen Ihrer tugendhaften Mutter, die vielleicht schon im voraus über Ihre Leiche weinet, ja, was noch mehr ist, bey den Thränen beschwöre ich Sie, die vielleicht der König, die Königliche Familie und Ihr zerstörtes Vaterland dereinst vergießen werden, und wohl jetzt schon vergießen.

Sie fürchten sich nicht, sich persöhnlicher Angelegenheiten wegen mit dem Minister aus der medicinischen Facultät zu überwersfen, aber Sie sind niedrig genug, sich wieder mit ihm auszusöhnen für 10000 Rthlr., die er dem Könige und dem Volke entwendet, um sie Ihnen zu geben. Erröthen Sie

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nicht über eine solche Niederträchtigkeit? würden Sie denn wohl mehr Furcht vor diesem Menschen haben, wenn es auf das Wohl Ihres Königs und Vaterlandes ankäme? hätten Sie doch in diesem Falle zwey Königreiche ohne Ausnahme auf Ihrer Seite: denn die Verräther und ihres gleichen, die eine faule Sache zu verfechten hätten, werden sich nicht einlassen, ja sie werden nicht einmahl den Schein haben wollen, als wären sie wieder Sie, aus Furcht ihre Köpfe zu verlieren, die ihnen ohne dem schon nicht recht fest mehr auf den Schultern sitzen. Nein, ich lebe der Hoffnung, Sie würden Ihren König und Ihr Vaterland retten. Sie würden alsdann mit Recht Belohnungen annehmen und so gar fordern können; man würde Sie nicht auf dieselben warten laßen, noch weniger würde man sie Ihnen versagen; und ich, der ich dieses an Sie schreibe, wollte mit Freuden der erste seyn, der das seinige Hingäbe, um Sie mit Gütern zu überhäuffen. O! mit welcher Zufriedenheit und mit welchem Rechte würden Sie nicht Güter, Vorzüge und Ehren besitzen, wenn Sie dieselben mit Einwilligung und selbst nach dem Wunsche Ihres Königs, Ihres Vaterlandes und aller Ihrer Mittbürger besässen. Bedenken Sie dieses, mein Herr, wiewohl ich Ihnen zu viele Denkungsart zutraue, als daß Belohnungen etwas über Sie sollten vermögen können.

Hören Sie, nun wie ich meine, daß Sie die Sache angreiffen müßten. Sie sind mit dem Könige allein: Sie machen, wie ich Mittewochen in Hirschholm gehört habe, des Abends eine Spatzierfahrt mit dem König. Sie haben diesen Herrn sehr unzufrieden über die Einschränkung gefunden, worin man ihn hält. Machen Sie sich einen solchen günstigen Augenblick zu nutze, oder veranlaßen Sie denselben; Sie haben dazu Verstand genug.

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Legen Sie dem Könige die unglückliche Lage, worin Er sich befindet, umständlich vor Augen; zeigen Sie Ihm, wie wenig er auf die Art im Stande ist die Pflichten zu erfüllen, die seine Würde ihm auflegt, und daß nach dem Schritt, den er gethan, als er die Cabinets-Ordre vom 15ten Julius unterschrieben, die zwischen Ihm und Struensee den Thron und die Königliche Gewalt theilet, Er, die Königliche Familie, das Reich, alle Unterthanen, alle Einkünfte, das Leben und die Güter eines jeden in der Hand dieses Erz-Großveziers stehen, der weder Erfarung noch Ehre hat weder Religion, noch Treue, noch Gesetz, der Herr von allem, und, wenn ich es sagen darf, selbst von dem Leben des Königs ist. Sie wissen, daß große Verbrechen noch größere nothwendig machen: zuletzt ist alles zu befürchten. Wenn Sie dieses alles angeführt haben; so schildern Sie die Verzweiflung aller Unterlhanen: zeigen Sie, wozu die Umkehrung des Staats und das Elend im Stande sind das Volk zu bringen, und welcher Gefahr der König und der Staat ausgefetzt sind, wenn dieser Unglückliche Zeit behält alles von Grund aus zu verwüsten. Wenn es Ihnen gelingt, das Herz des Königs zu rühren, und Sie ihm alsdenn die Nothwendigkeit seine Königliche Person, seine Familie und den Staat zu erhalten begreiflich gemacht haben; so schlagen Sie ihm vor, gerade nach Kopenhagen zu gehen, wo er ganz sicher ist, sich aufs Schloß zu begeben, und daselbst zwey oder drey angesehene Männer zu sich kommen zu lassen, die einen guten und den Umständen angemessenen Rath zu geben wissen, damit man keine Schritte mache, die Folgen nach sich ziehen könnten, zu einer Zeit, da das Volk bereit seyn würde sein erlittenes Unrecht und seinen Haß an den Urhebern seines Unglücks und Elendes zu rächen. Ich könnte Ihnen die Männer nennen, aber das Publikum wird sie ohne mich nennen. Sie müssen aus den Departements seyn, damit sie einen Rath geben können, der sich auf hinlängliche Kenntnis der Sache gründet. Doch muß es

durchaus nicht Hr. — — — seyn, noch Hr. von — — —, noch Hr. — — —,

die dem Volke in gleichem Grade verhaßt sind und folglich die ganze Sache verderben würden.

Seyn Sie aus Liebe zu Gott, zu Ihrem Könige, zum Vaterlande, zu Ihrer Familie und zu sich selbst sorgfältig hierauf bedacht, und säumen Sie nicht alzulange Ihrem unglücklichen Vaterlande zu Hülffe zu kommen. Retten Sie den Staat, den König und Ihr Leben.