Des unglüchlichen Grafen Struensee Gespräch mit sich selbst und den Kerkermeister. Seiner Reue, Gewissens-Angst, Bekehrung und Testeament. 1772, den 28sten Februar.

Des unglücklichen

Grafen Struensee

mit sich selbst und den Kerkermeister. Seine Reue, Gewissens-Angst, Bekehrung und Testament.

1772. den 28sten Februar.

da sein Verhör geendigt war.

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Struensee.

O, welche Aenderung muß ich anitzt emfinden,

Wo ist das schöne Schloß , daß ich vorhin besaß,

Im Kerker vest verwahrt, muß mich die

Kette binden,

Man schätzt mich kaum so gut, als wie

ein todtes A 7: .

Bin ich es, oder nicht? der Dannemark regiret,

Großkanzler, Vormund und der erste

Mitregent.

Bin ichs, den Samm't und Gold in schönen

Kleidern zieret?

Gefürchtet Auf den Thron, den Scepter

in die Hand!

Kan meine GroßMuth mich nicht von den

Jammer retten,

Ist meine Herrlichkeit aufewig nun vorbey ?

Wo ist mein Sopha nun Und die sehr weichen

Betten

Mein Pelz, mein Equipag' und schöne

Liberey ?

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Ich finde mein Servis nicht auf der Tafel

stehen!

Die Freyheit fehlet auch, so noch das ärgste

ist.

Ich muß die Wache stets Um Tisch und Bette

sehen,

Dabey gehorsam seyn zu einer jeden Frist.

Wer ist doch schuld daran, daß es mit Mir so

stehet,

Wem hab ich Leid gethan, der sch als

Feind beweist?

Dies Unglück ist sehr groß, so über mich ergehet,

Ich furchte, daß es mich noch in den

Abgrund reiß't.

Ich bin fast wie betäubt an Kräften Und an

Sinnen,

Verstand, Sprach und Vernunft, die kenn ich. fast nicht mehr,

. Dieweil die Hoheit ist auf einmal ganz von

hinnen,

Ich bin ein Schandfleck jetzt, beraubet aller

Ehr.

Za,wenn ich Mir aNitzt noch was erinnern fönte

Daß ich an diesen Fall fönt selber schuldig seyn.

Und daß matt mich Mit Recht des Unglücks

Meister nennte,

Dies aber geht Nicht an; die Unschuld

saget: Me!

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Und Henri och muß ich mich zum Richter

führen lassen,

Man fragt bald dies, bald das, so mir

ganz unbckant.

Wie froh bin ich, daß ich mich dabey weiß zu

fassen.

Mein gut Gewissen spricht mich frey von aller Schand.

Ich Hab als Patriot mich jederzeit bezeiget, Der Dannemarkens Wohl recht treu des herzigt hat.

Wer meinen Willen that, dem war ich auch

geneiget,

Und half ihm wiederum in allem, was er bat.

Könnt cs den frommen Job wol jemals schlechter gehen

Sein Elend war zwar groß, doch gleicht es meinem nicht.

Ich weiß Nicht, obs an dem, es soll ja irgend

stehen,

Man saget, daß es sey ein biblisches Gedicht.

Der Kerkermeister.

echweig Spötter, schweig! so sprach der Kerkermeister,

Kerkermeister,

Du glaubest keinen GOtt und sein hochherlig Wort.

Dem Teufel dientest du und ferne böse Geister, Drum wirst du auch gequält von nun an fort und fort. Will

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Willi du dich Unfchuldsvoü mit Hiob noch

vergleiche«/.

. Die fremden Federn weg, was soll der

falsche Putz.

Des Mannes Unschuld fand fast nimmer seines Gleichen,

Er war der frvmste Mann im ganzen.

Lande Uz».

Gott selber mußte ihm das besteZeugniß geben, Da er zum Satan sprach: Wo ist Hiob/ mein Knecht?

Er dienet mir getreu und führt ein frommes

Leben/

Ohn' daß ihm jemand gleicht- gottsfürcht!g, schlecht und recht.

Dabero warer auch im Stande, das zu leiden, Was Gottes weiser Schluß ihm blos

zur Prüfung that. Hein Elend aber ward verkehrt in laurer

Freuden,

Weil er vertraumsvol! zuGott umHülfe bat»

So geht es, wenn man sich ganz eigen Gott ergiebet,

Es weichet Quaal und Angst in einem

Augenblick»

WerGott sum Freunde har, und ihn aufrichtig

liebet,

Der hiudet HulfundTroft in seimmUngelück.

* 3 EO

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Wille du dich selber noch indeiner Bosheit

starken,

Und ohne Reu und Leih dich wälzen in den

Koel),

Nicht f hn des Teufels Rank in allen seinen Werken,

So nährst du ewig dich mit Jammer, Angst und Noch,

Alleine wirst du Gott fein bald zu Fusse fallen Mit Demuth, Reu und Schaam Schein, Heuchellist und Schein, So wird darauf em Trost in deinem Herzen

ne Seel, erduld' und komm' heren.

Dann steht der Himmel dir so gut wie

allen offen,

Die hier in dieser Welt die größten. Sünder sind,

Und nach rechtschafner Buß auf Gottes

Gnade hoffen,

Der sich als Vater zeigt und nennet dich

sein Kind«.

Struensee»

E ube mir , mein Freund! ein einzig Wort zu sprechen,

Ich hör erstaunungsvoll, was du mir jetzt

gejagt.

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Mein Herz im Leibe will mir fast für Angst

zerbrechen,

Dieweil mich eben itzt mein bösGewissen plagt.

Du hast mich stark gerührt, ich. fühle mich

getroffen.

Es lebt fürwahr, kein Mensch, der mich so elend macht.

Ich bin an allem schuld, was ich. noch. Hab zw

hoffen.

Ich selber habe mich in dieses Unglück bracht«

Ich habe meinen Gott recht freventlich.

verlassen,

Und fein hochheilig Wort aufs schändlichste veracht't.

Dem Teufel folgte ich beständig ohne Massen, Ich jchwur ihm Erd und Pflicht bey Tag fowol als Nacht.

Drauf nahm er Sitz und Stimm in. mein Herz und Gemürhe,

Er blies den Hoffartsgeist tief in. mein böses Herz,

Dabey verschmähte ich des Vaters Rath und

Güte,

Und mit Vermahnungen trieb ich beständig Scherz.

Wann er mit Gottes Wort mich zu bekehren

suchte,

Ho lachte ich dazu,und folgte meinemSinn.

Was.

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N C e . — -—

Was Wunder, daß mich oft mein alter Vater

fluchte,

Woraus denn endlich ward, was ich geworden bin.

Sobald nun Gottes Hand und Geist von mir geschieden,

So fiel ich täglich mehr in neue Sünd und Schand.

Der Teufel half mir auch fast jeden Anschlag schmieden,

Der mir selbst schädlich war, so wie das

ganze Land.

Mein erstes Meisterstück, so ich als Leibarzt

machte,

Das war das Schändlichste, so uur eig Mensch gesehn,

Indem ich ungestört auf solche Mittel dachte, Ouh selbst dleMajestat allmählrg sollt vergehn.

Es war mir nicht genug, ein weisses Band zu

haben,

Das mir des Königs Hand aus lauter

Gnade gab.

O! nein ich wollte mich mit etwas Beßres

laben,

Der blaue Orden sollt" den weissen lösen ab»

Des besten Königs Herz war mir gar sehr

generget,

So daß er mich erhub bis in denGrafeustand,

Das

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Es mußr' auf mein Befehl fast alles zittern,

beben,

Mein Wort des Königs Wort, fo hieß

es überall,

Drauf ließ ich offenbar den Huren Freyheit

geben,

Und drohte trotziglich derEhrbarkeitdenFall.

Ich dacht', du bist der Mann! laß deine Hoheit schauen,

Und führeTemvel auf, worin derTeufel thront, So kaust du deiner Brunft ein ewig Denkmal bauen,

Ich glaubte keinenGott,der es mitRache lohnt.

Es war ein Tag bestimmt, da ich der Welt

wot zeigen

Auf einmal, wer ich sey? nach meinem stolzen Sinn.

Die Anstalt war gemacht, des Volkes Wuth

zu beugen.

Allein ich siel vorher mit meinem Stolz dahin.

Der Kerkermeister.

\ V.

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Bemühe dich vielmehr, daß du durch Reu

erjagest,

Des grossen Gottes Gut”, ergieb dich seiner

Hand.

Wirf dich in Demuth hin, beweine deine

Sünden,

AufGott inbrünstig an,und küsse seinenSvhn So wird der heilge Geist dich helfen Rettung

finden,

Und bringen dein Gebet und Flehn vor Gottes Thron«

Struensee«

Asch! ich verfluchter Mensch, wo soll ich vl Rettung finden,

Es ist mein Sündenmaas nur gar abscheulich schwer,

Wo lebt ein Mann für mich, der mich fait

frey entbinden,

Daß mich nicht schaden kan des Satans Geister- Heer».

Ich bin. für Gott verdamt, bey Menschen

gar verfluchet,

Ein ganzes Königreich schrc-ytRache wider mid. Ich habe durstiglich der Größten Fall gesutbet, So daß ein jeder gern von meiner Seite wich.

Verflucht mocht seyn der Tag, an welchen ich

geboren,

Verflucht mein bösesHerz und jedeLasterthat.

set

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Verflucht sey meine Hand und meine Heyden

Ohren,

Verflucht fty jederman, der mich geholfen hat. Ahr Berge, hebet euch und stürzet auf mich

Nieder,.

Ihr Hügel, dienet mir zu einem sichern Schutz. AchErdelMe dich,mach mich zurErden wieder, So werde ich bestem vonSatansLlst undTrutz Ach! daß fein Donnerstrahl will meinen

Leib .zerschmettern, So war ich gänzlich los von der Gewissensangst

Der Kerkermeister.

verzweifeln hlift hier nichts, drum höre

auf zu wettern, B reue dine Stiind', auf dab du Grad erlangst. Das beste Mittel ist, zu Gott in Aengstert.

schreyen,

Drum wirf dich glaubensyol! m seines Sohr nes Schoos.

Thu nur kechtschafne Buß, und laß die Sund dich reuen,

So richtet er dich auf, und spricht dich, Sünder, los.

Struensee.

60 höre denn, o Gott! mein ganz brünstig Flehe

brünstig Flehen, f Das ich aus wahrer Ren im Glauben für

dich bring,

Ach'

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Ach! laß mich -eine Gnad und dein Erbarmen

sehen,

Damit dem Satan nichts mir seine Macht

geling.

Du bist ja Mmachtsvoll und Vater meiner

Varer,

Erhör meinAngstgefchrey in dieserJammerhök. Vergib mir meine Schuld, dein Sohn sey mein Vertreter,

Sieh blos auffemDerdienfk,errerte meme See]

Stark du dieMajestat mit deiner Hulf von oben Mach alles wieder gut,was ich verstümmelt Hab So wird ganz Dännemark als ihren Arzt dich

loben

Und preisen dankbarlich für dem Geschenk

und Gab.

Gib du -enRathen ein „meinUrtheil abzufassen, Es sey auch noch so hart, ich leide wclllglicht Ach! daß ich nur einmal hier kan mein Leben

lassen,

Es ist.fast keine Pein, und Straf' genug für

mich.

Ach GOtt! schütz Dannemark hinfort für

böse Buben,

Die ihrem Souverain fo schändlich untreu sind. Komt etnAhitophel, so stürz ihn in der Gruben, Daß er mir Angst und Noch, wie id fein Ende find.

Laß

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Medie Almachtshand den altenVater stützen Der mir den Seinigen gar sehr durch mich

betrübt.

Ich, ein verdorrter Ast, Font seinem Stamm

nicht nützen.

Und dennoch weiß ich, daß sein Vaterherz

mich liebt.

Vcrbirge Loch für ihn die nahe Todesstunde, Die da,wer weiß wie bald, mein Leben kürzer ab. Ich weiß, er ruft zu dir mit Herzen und dem

Munde.

Nim den zu Gnaden an, dem ich das Leben gab.

Gottlob.' ich bin getrost, mein Glaube läßt

mich hoffen.

Daß du so gnädig bist und nrmst mich Sünder

an.

Så weiß, dein Vaterherz und Ohr steht

immer offen,

Für dem , der Reu und Leid für seine Sünd

gethan,

Mein Heiland, der für mich am Crcuze ist

gestorben.

Der ha mich frey gemacht von ew'ge Straf

und Ben,

Er hat um meine Seel durch seinen Tod

geworben,

Nun sterb ich , wann ich soll, und schlaf mir

Freuden ein.

Doch

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Doch eh' die Todesangst mir wird die Sinnt

rauben,

So sey mein Teftamenrvorhero noch gemacht. Damit die Nachwelt zeug von meinen wahren Glauben

Der mich nach Neu und Leyb die Seligkeit gebracht.

Ich glaube- daß ein Gott und ein dreyeinig

Wesen,

Das ewig ungctrennt in dreyPersonen bleibt. Ich glaube GottesWort,darin ich Hab gelesen, Daß alles Wahrheit sey, was Gottes Finger schreibt.

Ich glaube, daß Gott Sohn, mein Heiland ist gestorben.

Für mich und aller Welt am hohen Kreuzes - Stamm,

Ich glaube, daß er uns die Seligkeit erworben, Und daß für unsreSünd erwü'get sey das Lak

Ich glaub, der heilge Geist hat Mich mit

seinen Gaben,

Geheiligt und erleucht in meiner grossen Noch. Ich glaube/daßich werd dleAustrstehung haben Sey allen HeiligennahMarrer, Angst». Tod.

Hieraufseydir mein Gott ».Vater übergeben Die theur erkaufte Seel an meinem letztenEnd. Damit dieselbe sey verklärt Ui jenem Leben, Von diesem Leib und Haut ausewig ungetrent.

Und

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ynd wenn die Zeit erscheint, daß dieses wird

geschehen.

So komt's, wie Hiob sprach : daß Leib als

Seel sich freut.

Ich und kein Fremder nicht, mein eigen

Fleisch wird sehen

DichGott vonAngesicht und deineHerrlichkeit. Du mein geängfter Leib,kehr du zutErde wieder Wenn der verdiente Lohn aufs strengste dir ertheilk.

Schwerd, Feuer, Rad und Strik verwüstet

meine Glieder

Ich bin dies alles Werth , drum kommet FOunveriveilt.

Verletzte Majestät, hör mein fußfällig Bitten, Da ichzum letzten mal dich umVerzeihung

fiel),

Ich bin mit Gott versöhnt, sein Sohn steht in der Mit en,

Vergib ! weil Gott vergibt, daß ich nicht

untergeh.

Ich habe wider dich und dein Reich bös

gehandelt,

Die Missethat ist groß, laß Gnad für Recht ergehn.

Jetzt ist die Reue da, weil ich so schlecht

gewandelt.

Vergib ? ach Hert, verzeih! vergiß, was schon geschen.

Ihr

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Ihr Eltern, darf ich mich mit Bitten an euch wagen, So s ht, ich liege hier auf meines Herzens Knie. Ihr wißt es schon vorher, was ich euch Hab zu sagen, Schaut den verlornen Sohn, der euch gehorchte nie.

Ich liege hier in Staub, in Ketten und in Banden, Micia Herze bebet mir von wegen meiner Sund'. Verzettlet euren Sohn, das Unrecht und die Schanden. Geschwister/ Freunde, Feind, eilt u. verzeiht geschwind.

Zsts möglich daß ihr könnt ans ewig den vergessen,

Leu ihr, nächst Gott dein HErrn, daß geben habt geschenkt.

Dies ist auf keine Art den Eltern angemessen, Unmöglich, daß ein Weib au ihren Sohn nicht denkt.

Nu» fey mein Ordensband und Tiluk dem gegönnet, Den selbst die Majestät der Hobeit würdig schätzt, Und den fast jederman für solche» Mann erkennet. Dem Dannemarkens Wohl als eignes Wohl ergeyt.

Adjeu! du falsche Welk, fiel, hier den letzten Willen, Den ich zum Unterricht für dich Hab aufgesetzt. Bald wird Gorce Elend, Roth und meine Thränen stillen. Wenn ich von dir entfernt im Himmet bin versetzt.