2tes Schrieben von Copenhagen, wegen der am 17ten Januar 1772. arretirten Staatsgefangenen. [træsnit af Struensee på titelbladet, af Brandt på dettes verso.] 3tes Schreiben. Von Copenhagen, den 24. März wegen der Staatsgefangenen. 4tes Schreiben. Von Copenhagen, nebst der Rede welche der Gerichtsprocurator Uldahl in dem hohen Königlichen Gerichte am 16 März gehalten hat. 5tes Schreiben. Von Copenhagen, vom 25 April, worin von dem Verhör und Urtheil der Grafen Struensee und Brand ertheilet wird.

2tes Schreiben

Von

Copenhagen, wegen der

am 17ten Januar 1772.

arretirten Staatsgefangenen

Graf Struensee.

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Graf Brand,

in seiner Gefangenschaft.

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Mein Herr! Seit mein letztes abgesandtes Schreiben haben Sie mir fast alle Posttage um den fernern Verfolg, wegen der am 17 Januar hieselbst vorgefallenen grossen Staatsveränderung, gemahnet; ich schliesse hieraus, daß Ihnen mein langgerathener Brief muß gefallen und die desfals verursachten Kosten nicht gereuet haben. Ich habe Ihnen damals die Arretirung der angesehensten grossen Personen, und was dabey vorgefallen ist, gemeldet. Fahre also weiter fort:

Bey der Arretirung der Obersten Falkenschiold ist noch diese Anecdote zu merken, daß derselbe sich gar nicht anfänglich hat wollen gefangen geben, sondern man hat ihn mit Gewalt bey Haaren und Händen nach der Wache schleppen müssen, er wird auch ehester Tagen auf das Castel in Verwahrsam gebracht werden. Des Obersten Diener ist auch arretiret, weil er seinen

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Herrn des andern Tages hat einen Brief in die Stiefeln zupracticiren wollen, welcher von einem andern seiner Bedienten geschrieben war, und woraus auch etwas entdecket ist.

Ueberhaupt werden hier täglich ansehnliche Personen in Arrest gebracht, und wenn sie unschuldig befunden, und es bewiesen, wieder in Kreyheit gesetzet.

Folgende Herren sind von Sr. Königl. Majestät den 18 Januar zur Inquisitions-Commißion bestellet worden, nämlich: Sr. Excellenz, der Hr. Geheimerath, Baron Juel Wind; die Hn. Conferenzräthe Braem, Stampe, Lüxdorf und Carstens, wie auch die Hn. Etatsräthe Kofoed Ancher, Guldberg und Sevel. Und, um die Papiere, Briefe Und Documente der Gefangenen durchauch um die Gelder nachzusehen, sind ernant: Se. Excellenz, der Hr. Generallieutenant von Köller, die Hn. Conferenzräthe Schumacher und Suhm, und der Hr. Etatsrath Guldberg. Diesen ist noch nachher auf allerhöchsten Befehl der Hr. General-Kriegscommissair, Hr. Schmidt, als Mitglied zugeordnet worden. Der Kanzelleyrath Schaw führet hiebey das Protocoll.

Am 18 Januar wurden von der Inquisitions-Commißion alle Sachen des Grafen

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29 Struensee auf Hirschholm, und an andern Orten, durchgesehen, und versiegelt, und seine Chatoulle ist von Hirschholm versiegelt nach Copenhagen gebracht worden. Auf gleiche Art ist sie auch mit den Sachen und Papieren des Grafen Brand umgegangen, und unter beyderseits Schriften hat man bereits überzeugende Beweise von ihren Walversationen gefunden. Unter des Grafen Struensee Schriften ist unter andern eine Rechnung gefunden, die er selbst geschrieben, welche sehr verdächtig ist, und daraus zu schliessen, daß er eine ansehnliche Summe von mehr als 100000 Rthlr. sowol zu seinem eigenen, als anderer Vortheil, der Königl. Casse allein zu nahe gethan habe. So viel weiß man mit Gewißheit, daß unter den Schriften der Staatsgefangenen solche Dinge gefunden worden, die ihr Verbrechen ausser Zweifel setzen, und daß sie es blos einer grossen Gelindigkeit der Regirung zuzuschreiben haben, daß ihnen nicht härter begegnet wird.

Es wird jetzo alles genau untersucht, und man hat unter andern an der Königl. Tafelservice einige goldene und silberne Stücke vermisset, welches noch nicht bekant ist wo solches geblieben, die Zeit muß es erst entdecken.

Die Inquisitions-Commißionisi unauf hörlich mit Untersuchung der Papieren beschäftiget.

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Täglich werden viele von den in Artest sitzenden Personen von Ihnen abgehöret.

Am 3 Februar ist die Baroneßin Bülow in Verhör gewesen; Diese edle Dame ist den 4 Februar darauf mit ihrem würdigen Herrn Gemahl und Familie nach Holstein abgereiset.

Es hat die Inquisitions-Commißion auch die Geschenke, welche den Grafen Struensee und Brand, Namens Sr. Königl. Majestät, der König und der Königin, ertheilet sind, zurück gefordert, und nach der Untersuchung, da sie für gültig erkant, wieder gegeben worden.

Auch sind zwey Secretairs im Cabinette, ein paar Kammerfrauen der Königin, und die Wartefrau des Kronprinzen, nebst 2 Mohrenkinder, die in den Zimmern des Schlosses Zutritt gehabt haben, und andern Personen abgehöret worden. Der Secretair des Grafen Struensee, Panning, ist auch schon dreymal auf dem Schlosse in Verhör gewesen. Er wird in seiner Wohnung von 3 Unterofficiers bewacht.

Viele Personen, die bey dieser am 17 Jan. vorgegangenen Veränderung treue Dienste geleistet haben, sind theils im Range erhöhet, theils ansehnlich beschenket worden, indem der Hr. Etatsrath Guldberg ein Geschenk von 4000 Rthl. und ein ehemaliger Kammerdiener

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31 Les Königs Friedrichs des Fünften eine Belohnung von 2000 Rthl. empfangen.

Am 20 Februar wurde das Verhör in der Citadelle Friedrichshaven mit den am 17 Januar arretirten Personen der Anfang gemacht. Der ehemahis gewesene Cabinetsminister Graf Struensee war in diesem Verhör der erste. Es ward derselbe in einer Kutsche, doch an Händen und Füssen geschlossen, nach dem Hause des Commendanten, Generallieutenants von Hoben, wo die Commißion saß, gebracht. Der die Wache bey ihm habende Lieutenant Holm saß in der Kutsche bey ihm. Vorauf giengen auch ein paar Officiers, und neben der Kutsche marschirten 4 Grenadiers mit aufgepflanzten Bajonetten Vorher ehe der Staatsgefangene vor die Commißion kam, wurde ihm im Vorzimmer die Fesseln abgenommen, wobey man ihm erlaubte, sich in Verfassung zu setzen, da er dann in diesem Vorzimmer etnigemale auf und abging. Er hatte ein blaues Kleid an, einen Pelz darüber, graue seidene Strümpfe, und die Haare gestochten niederhangend auf den Rücken. Das Verhör währete unausgesetzt, ausgenommen des Mittags, da die Commißion bey dem Commandanten speisete, von des Morgens frühe bis des Abends spät fort Während des Verhörs wurde. dem Grafen einen Stuhl gesetzt, und derselbe; den hiesigen Gesetzen ge-

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mäß, zum letztenmal mit dem Grafen Titel angeredet.

An diesem Tage ist die Barriere der Citadelle den ganzen Tag gesperret gewesen, und, niemanden, als selchen, die ins Casteel gehören, die Passage erlaubt gewesen.

Was eigentlich in diesem Verhör mir dem Grafen Struensee vorgenommen ist, und was. seine Aussagungen sind bleibet ein Geheimniß, und es wird von allen denen Personen, die Kentniß von dieser Sache haben, das tiefste Stillschweigen beobachtet. Man redet zwar alhier von vielerley Sachen, aber nichts mit Gewisheit. Dieses aber ist gewis, daß der Graf Struensee sich in diesem Verhör sehr gesetzt bewiesen, unh beständig behauptet hat, daß er nach seinen Gewissen gehandelt hätte. Dieses ist es also alles, was man an diesem Tage von dem Verhör mit Gewisheit vernommen hat.

Das Geheimniß und die Verschwiegenheit ist so gros in dieser Sache, daß Yen Soldaten des Kronprinzlichen Regiments, welches in der Citadelle lieget, ist anbefohlen worden, ihre Neubegierde, den Arrestanten zu sehen, zu mäßigen, und nicht den geringsten Auflauf zu machen.

Am 21 Februar soll der Graf Struensee nicht mehr so gesetzt gewesen seyn, und der Muth

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ist ihm ziemlich entfallen, indem er gestanden, daß er schuldig sey,

Dieses Berhör ist fast alle Tage bis den 28 Januar, da dasselbe geschlossen, ununterbrochen mit ihm fortgesetzet worden. Zuletzt, da er durch seine Schriften, und Aussagung anderer überwiesen worden, und ihm bereits auf 630 Fragen zur Beantwortung von der Inquisitions-Commißion waren vorgeleget worden, ist er in diese Worte ausgebrochen:

Ich bin beydes überwiesen, und gestehe es, daß ich verschiedene Mislethaten begangen,, welche das Crimen læsæ Majestatis in hohem Grad involpiren, und daß ich, ausser Sr Majestät Vorwissen und Approbation, verschiedene Cabinets-Ordres ausgefertiget, wodurch ich einige schädliche, ja gefährliche Anstalten verfüget.

Es hat der Graf Struensee auch ein schriftliches Geständniß seines Versprechens in Gegenwart der Inquisitions-Commißion aufgesetzet, und unterschrieben von sich gestellet, und der Commißion übergeben.

Wie mau höret, so sollen den Grafen Struensee noch wol aus 200 Fragen Vorgeleget werden.

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Merkwürdig ist es, daß die Inquisitions- Commißion in allen diesen Verhören, sich so viel wie möglich gewesen, den Namen Inquisit vermieden; ausserhalb dem Verhör ist derselbe noch allemahl mit den Titel eines Grafen beleget worden.

Am 24 Februar ist kein Verhör gewesen, sondern die Inqusitions-Commißion hat die schönen und kostbaren Pferde, die der Graf Struensee und Brand aus England zu ihrer Bedienung haben kommen lassen, im Königl. Reithause verkaufen lassen.

Der Graf Brand, der noch immer ziemlich vergnügt ist, ist den 2 3 uns 4 März im Verhör vor der Inquisitions-Commißion auf der Citadelle Friedrichshaven gebracht worden. Er hatte ein grünes mit Gold besetztes Kleid an, und schlecht geputzte Stiefeln an seinen Füssen. Er hat die ihm auf 300 vorgelegte Fragen gleich Anfänglich richtig und gutwillig beantwortet, und alles, was ihm zur Last geleget worden, und unter sehr lauten Vorwürfen und Weinen, die gegen ihn angebrachte Klage, wegen beleidigter Majestät des Königs, eingestanden, und sich schuldig erkläret.

Vorher hat er sich den Bart mit der Lichtschere abgeschnitten, jetzo aber wird er mit aller Vorsicht, indem ihm von 2 wachthabenden

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35 Unterofficiers die Hände gehalten werden, ordentlich mit einem Scheermesser der Bart abgenommen. Die Nägel an den Fingern schleift er sich, zum Zeitvertreib, wenn er keine Arie singet, an den Wänden ab. Er bleibet noch immer bey seinem luftigen Wesen.

Am 7 März ward der Graf Brand, weil er besonders darum gelegentlich anqesuchet, abermals vor die Inquisitions-Commißion gebracht. Sein Anbringen bestund darin, daß er um Erleichterung seines Gefängnisses bat, und ihm seine Flöte mögte wieder gegeben werden. Und bekante nochmals mit weinenden Augen, (wie bereits im vorigen Verhör geschehen) unter sehr vielen Vorwürfen, der gegen ihn angebrachten Klage wegen beleidigter Majestät des Königs.

Der Hr. Prof. Berger ist auch am 22 März im Verhör gewesen. Was vor Fragen ihm vorgeleget, und wie er sich verantwortet, ist nicht bekant. So viel ist gewiß, daß denselben der Gebrauch des Tobacks nebst Wesser und Gabel und seiner Bücher zugelassen. Er kan sich auh den Bart nach Belieben abnehmen lassen, und in seinem eigenen Bette schlafen.

Den 7 März ist der Justitzrath Struensee im Verhör gewesen; er war mit einem mit Pelzwerk gefütterten Schlafrocke bekleidet. Seine Antworten auf die ihm vorgelegte Fragen, ist

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gleichfals ein Geheimniß. So viel kan ich mit Gewißheit melden, daß er sich auf seine erhaltene Ordre berufen, und daß er von andern Sachen keine Wissenschaft gehabt hätte. Er bezeigt sich aber in seinem Gefängniß sehr ungeduldig. Man hat auch einen Brief von seinem redlichen Vater an ihn väterlich ermahner, Gott nicht aus den er ihn väterlich ermahnet, Gott nicht aus den Augen zu setzen, seine Dienste redlich zu verrichten, und seinom allergnädigsten König getreu zu seyn. Die Zeit wirds lehren, wie er diese Vermahnung nachgelebet.

Den 12 März, war er wieder im Verhör, und nach diesem Verhör ist ihm auch erlaubet, worden Toback und Wein zu trinken.

Den 13 März war der Professor Berger gleichfals wieder im Verhör, und diesem ist auch nachher mehr Commoditæt, seine Bücher und Bette zugelassen,

Dieses wiederhohlte Verhör ist eine Folge von dem, von dem Grafen Brand verlangten ausserordentlichen Verhör gewesen.

Bey allen diesen Verhören ist vor die Ruhe dieser Stadt auf alle mögliche und beste Art gesorget worden, indem die Soldatesque und Cavallerie in steter Bereitschaft gewesen, und den Bürgern ist insgesamt angedeutet worden.

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sich auf alle Fälle mit gutem Gewehr und scharfen Patronen in Bereitschaft zu halten, um auf die erste Ordre an ihren bestimten Plätzen marschiren zu können. Solte es etwa in der Nacht nöthig seyn, so sollen die Gassen mir Vorsetzung der Lichter vor die Fenster erleuchtet werden. Den Bürger-Capitains hat der allergnädigste König erlaubet ein Portopee, gleich die Militair, am Degen zu tragen.

Einige Commißions-Herrn sind auch nach Kronenburg gewesen, und den 13 März werden sie wieder dahin abgehen. Die Jungfer Ahrensbach ist abgesetzet, und die zwo übrigen Kammerjungfern, Bruhn und Gabel, sind auf Pension gesetzt, es sind aber zwo andere Dafür angenommen.

Der Hr. D. Münter hat den Grosen Struensee vom Anfang her in seinen Gefängniß besuchet, und seine Unterredung mit ihm betrift einzig den Glauben und die Grundsätze der göttlichen und natürlichen Religion. Im Anfange der Besuche hatte der Hr D. Münter an den Vater des Grafen geschrieben, und sich erboten, mit Zulassung der Inquisitions-Commißion, dem Grafen einen Brief seines Vaters einzuhändigen, falls dieser ihn durch seine Ermahnungen und väterliche Liebe, eine Erleichterung seines jetzigen Zustandes, und insonderheit seiner Gemüthsverfassung, geben

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könte. Der Generalsuperintendent Struensee hat hierauf den Hn. D. Münter geantwortet; aber nicht an seinen Sohn geschrieben. Indessen hat Hr. D. Münter die erhaltene Antwort dem Grafen gegeben, welcher dadurch so sehr bewegt wurde, daß er im Lesen durch Weinen ist unterbrochen worden, welches den Hn D. Münter sehr gerühret hat. Sonst ist der Graf sehr geruhig, sehr reinlich, und gemeiniglich mit weissen Nachtkleidern angezogen; spricht wenig, und ruhet fast den ganzen Tag auf einer Ruhebank. Er lieset viele geistliche Bücher, und insonderheit des Abts Jerusalem Betrachtungen über die vornehmsten Wahrheiten der Religion, und Reimarus von der natürlichen Religion, die der Hr. D. Münter ihm zustellet. Unterdessen wollen diejenigen, die mit dem Character des Grafen bekant sind, aus allen seinen Handlungen noch immer desselben eigennützige und auf sich selbst eingeschränkte Gesinnungen bemerken, nach welchen nie ein edler Gedanke der Freundschaft in dem Menschen entstehen kan, sondern dis ihn einzig und allein, in allem, was er thut, den sinnlichen Genuß seines Lebens und seiner epicurischen Wollust suchen lassen. Es ist ausgemacht, daß der Graf auch noch jetzt, in seinem Gefängnisse, auf weiter nichts, als die Erleichterung seines Zustandes, und, wo möglich, auf die Vermeidung der Todesstrafe denket.

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Der Graf Brand wird von den Probst See in gleicher Absicht täglich besucht, und wenn derselbe sich mit ihm bespricht, bezeugt er mit Weinen und Demuth seinen Beyfall, ist er aber allein, so setzt er sein Singen nur italienischen und französischen Arien fort, und erinnert sich dabey mit Vergnügen seines vorhin geführten Lebens.

Von gedachter Commißion ist den 27 Febr. bekant gemacht: Daß alle und jede, die entweder baare Gelder und Papiere oder andere Sachen, was für Namen dieselben haben mögen, von den am 17 Jan. auf Königl. Befehl arretirten Personen in Händen haben, selbige längstens in 8 Tagen a Dato bey dieser auf Christiansburg angeordneren Commißion, welche täglich von 9 bis 4 Uhr Nachmittags gehalten wird, einliefern sollen.

Auf Ansuchen des Finanz Collegii sind die unter des Justitzrath Struensee Briefschaften gefundene Papiere, welche die Münzangelegenheiten (als welche allein zu seinem Departement gehörten) betrafen, von der Inquisitions-Com- mißion ausgeliefert, und hierauf den Committirten in der deutschen und nordischen Kammer, Justitzrath Prätorius und Kölle, zur Untersuchung übergeben worden. Man soll hierbey Nichts gefunden haben, was in diesem Stücke sein Verhalten strafbar machen könte.

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40 Die Couriers gehen hier seit dieser Zeit vielfältig ab und zu, besonders zwischen unsern und dem englischen Hofe, einer derselben brachte neulich ein Brief an der Königin mit, welcher auch sogleich an derselben übergeben ward. Ein anderer ist von unserm Hofe den 7 März abgefertiget, wohin, daß weis man nicht, denn er muß von hier auf Hamburg geben, in dieser berühmten Stadt soll er seine empfangene versiegelte Ordre erst erbrechen, um die fernere Bestimmung alsdann zu erfahren

Ich breche hiemit ab, weil das Blasen des Postillion mich erinnert meinen Brief zu schliessen. Ich werde künftig aufmerksamer seyn und mit nächster Post, wenn etwas neues vorgehet, die Ehre haben, Ihnen, Mein Herr, solches zu melden.

Ich verharre & c.

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3tcs Schreiben.

Von Copenhagen,

den 24 März

wegen der Staatsgefangenen.

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Mein Herr!

In mein 2tes Schreiben, so ich an Ihnen abgehen lassen, habe am Schlusse des Briefes versprochen auf die hiesigen Affairen aufmerksamer zu seyn. Ich bin damals bis an 7 März gekommen, fahre also von diesem Dato an weiter fort:

Seit einigen Tagen ist die Königin etwas unpäslich gewesen, und am 9 März wurde sie zweymal zur Ader gelassen, und seitdem wird sie täglich von dem Hofmedico Thode besucht, der von ihrem Gesundheitkzustande an dem Etatsrath und Leibmedicum Berger Nachricht ertheilen muß.

Am 11 März war der Professor Berger, (und dieses wird auch wol das letztemahl seyn)

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wieder bey der Inquisiitionscommißion im Verhör. Von seiner abermaligen Aussage ist auch nicht das geringste bekannt geworden; er wird aber anitzo sehr ungeduldig in seinem Gefängnisse, ob er gleich alle Freiheit geniesset.

Den 12 März war die Inquisitionscommißion auf dem Schlosse versammlet, und es wurde daselbst eine in voriger Woche von Cronburg allhie angekommene Cammerjungser der Königin, Namens Arensbach, daselbst abgehöret. Den 22. und 23 März war sie wieder daselbst versammelt, wo am letztern Tage der Secretair beym Cabinet, Paning, von ihnen abgehöret wurde.

Den 16 März wurde auf dem Versammlungs-Saal der vormaligen königlichen Rentekammer ein königliches angeordnetes Gericht gehalten, das von 4 bis 9 Uhr währete, in diesem Gerichte waren als Beysitzers gegenwärtig: 1) aus dem königlichen geheimen Staatsrathe die geheimen Staatsminister, Graf Thott, Schack-Rathlow, der Admiral Römeling und der Minister des auswärtigen Departements, der Graf von der Osten; 2) aus dem Militair-Etat, der Vice-Admiral Raas, der Contre-Admiral Fischer, der General-Major Hoben, und der Oberste von Penz; 3) von der Geistlichkeit: der hiesige Bischof Harboe, die Professores der Theologie, Holm und Studsgaard, der Stifts-Probst Hegelund, and der Garnisons-Probst Hee; 4)

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44 aus dem höchsten Gerichte und andern königlichen Departements: der Stiftsamtman, Graf Knuth, der Geheimerath Scheel, der Stifts-Amtman Scheel, der Baron Juel Wind; die Conferenzräthe Stampe, Braem, Lüxorph, Hielmstierne und Carstens; der Cammerjunker Levetzau; die Etatsräthe Hoppe, Koefoed, Anker, Sevel, Reiche und Guldberg; die Justitzräthe Obelitz, Anchersen, Brink Seidelin, Bork, (als Secretair) Korn und Kortsen; der Generalkrieqscommissair Schmidt, die Assessors im höchsten Gerichte, Debes und Treschow, der Cammeradvocat Bang, und der höchste Gerichts-Procurator Uhldahl. Aus diesen 39 Personen bestand dag verordnete königliche Gericht, von welchen die beyden lehren Personen die Advocaten der gegenseitigen Partheyen waren, und sie sind, so lange der Proceß dauret, von ihrem Unterthanen-Eid entlassen worden.

Den 28 März wird dieses angeordnete Gericht sich wieder versammeln, um den obengenannten Advocaton zum erstenmahle Gehör zu geben. Man läßt also auch in diesem Falle die gewöhnlichen 14 Tage, von der ergangenen Citation an gerechnet, verstreichen.

Man redet hier mit Gewisheit, als ob der allergnädigste König verlangen bezeugt habe, daß sämmtliche Sachen, weswegen die Inquisitionscommißion gesetzt ist, den 2 April, wenn es möglich, geendiget seyn sollen.

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Am 17. 18. und 19 März war der Oberste Falkenskiold vor der königlichen Inquisitions- Commißion in der Citadelle Friedrichhaven im Verhör. Es wurde derselbe von neuen Holm über den sogenanten Baum, wodurch die Schiffe gehen, wenn sie in und aus dem Haven gelassen werden, in einer ordinairen Sänfte bis an die Zollbude getragen, woselbst eine Gutsche fertig stand, die ihn in Begleitung zweyer See-Officiers, die bey ihm in den Wagen lassen, ins Castel gebracht. Der Oberste war in seinem Schlafrocke mit einem Pelze darüber gekleidet. Bevor man ihn ans seinem Arreste führte, solte er erst rasiret werden; er weigerte sich aber es zuzulassen, während des Nasirens sich von zweyen Unterofficiers die Hände halten zu lassen, wie es bey den übrigen Arestanten geschiehet, also hat man seinen Bart blos mit einer Scheere etwas kürzer abgeschnitten. In dem Verhör ist ziemlich laut geredet worden; man hat aber doch nichs davon erfahren können. Nach dem letzten Verhör ist dem Obersten erlaubet worden, sich dee Messer und Gabel zu bedienen, und ohne daß man ihm die Hände hält, sich rasiren zu lassen. Dem Oberstlieutenant Hesselberg ist diese Erlaubniß ebenfals ertheilet worden. Auch soll er keine Officiers mehr auf dem Zimmer bey sich zur Wache haben.

Den 19 März war der Graf Struensee abermals wieder bey 5 Stunden lang, und den

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46 21 über 6 Stunden bey der Inquisitionscommißion im Verhör. Dieses ist eine Folge von der Aussage des Obersten Falkenskiold.

Sonsten lebt der Graf Struensee in seinem Gefängnisse anitzo sehr geruhig, und seine Bekehrung, die der Doctor Münter in einer Zeit von 3 Wochen, da er den Grafen zur Erkentniß seiner Irrthümer, und einer völligen Ueberzeugung von den Wahrheiten der christlichen Religion gebracht, macht ihm viel Ehre.

Er entdeckte einsmal dem Doctor Münter, wie er sich vorher den Menschen als eine Maschine vorgestellet, die nur da wäre, um zu leben, und das Leben so gut, als möglich, sich zu Rutze zu machen. Der Doctor Müntee zog, wie der Graf dieses sagt, seine Uhr aus der Tasche, und sprach: Herr Graf! diese Uhr ist eine Maschine, die den lebendigen Geschöpfen am nächsten kömt, weil sie sich, wenn sie aufgezogen ist, durch den Trieb ihrer Räder von selbst bewegt. Kan aber diese Maschine, diese Uhr, ihres Gleichen hervorbringen? Als der Graf dieses mit Nein beantwortete, hat der Doctor Münter gesagt: Sie sehen also hieraus, daß lebendige Geschöpfe keine Maschinen sind; und wie viel edler muß nun der Mensch seyn, der ein lebendiges und vernünftiges Geschöpfe zu. gleich ist? Hierauf har der Doctor Münter mit noch weit wichtigern Gründen den Grafen von der irrigen Meynung, die er von dem Daseyn und der Bestimmung des Menschen gehabt überzeugt.

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Der Graf Struensee setzet sein Gemüth täglich mehr in einer geruhigen Verfassung. Er spricht wenig mit denen bey ihm die Wache habenden Officers; er bietet ihnen aber französische und deutsche Bücher zum Lesen an, um sich die Zeit zu verkürzen, worunter insonderheit Gellerts morische Vorlesungen die ersten sind. Bey dieser stillen Lebensart wird der Graf doch ganz mager, welches er den Officiers durch entblössung seiner Beine zu erkennen gegeben hat. Des Morgens um 9 Uhr trink er Caffee, und speiset einen Zwiebdck; des Mittags läßt er sich zwey Gerichte Essen holen, die er selten ansißt; des Abends um 7 Uhr trinkt er Thee, worin er einen Zwieback eintunkt, und dann genießt er weiter nichts mehr. Des Abends um 9 Uhr legt er sich zu Bette, schläft aber selten vor Mitternacht ein. Man hut ihm gesagt, daß er mager würde, käme daher, weil er so wenig speise; worauf er geantwortet: ich habe hier keine Bewegung, folglich kan ich die Speisrn auch nicht recht verdauen. Zudem soll ich nur hier mein Leben aufhalten und dazu ist das Wenige, was ich zu mir nehme, hinlänglich.

Als er dieser Tagen den Officier, der die Wache bey ihm hatte, in einem Buche lesen sahe, fragte er ihn, was er für einen Schriftsteller läse? den Grandison, gab der Officier zur Antwort. Den Grandison; versetzte der Graf, nun der geht noch an; allein, lesen Sie doch ja sonst keine Romanen, ich kan Sie aus

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meiner Erfahrung versichern, daß bie Lesung derselben mir das Herz verdorben hat. Sagen Sie dieses auch Ihren Freunden, und empfehlen Sie ihnen Jerusalems Betrachtungen über die Religion ausfs beste.

Neulich erhielt der Graf Struentsee einen Brief von seinem Vater, den er anfänglich für Wehmuth und Rührung nicht hat zu Ende lesen können, jetzt aber, nachdem er sich gefasset, hat er ihn mit vieler Empfindung gelesen, und ließt ihn noch oft, besonders wenn er in der Nacht erwacht.

Der Graf Brand bleibt bey seiner alten Laune, in Gegenwart des Probsten See, und bey Lesung theologischer Bücher, ist er ernsthaft; zu einer andern Zeit aber noch lustig. Er hat Erlaubniß erhalten an seine Mutter zu schreiben, desgleichen auch der Jusiitzrath Struensee an seine Eltern und an seine Frau; beyde aber in Gegenwart des Generallieutenvnts Honen, der auch die Briefe mit sich genommen.

Ich schliesse, werde aber bald sehr wichtige Neuigkeiten berichten können.

Copenhagen, den 24 März 1772.

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4tes Schreiben. von Copenhagen, nebst der Rede welche der höchste Gerichtsprocurator

Uldahl

in dem

hohen Königlichen Gerichte

am 16 März gehalten hat. 1772.

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Mein Herr.

In mein erstes Schreiben, vom 17 Jan. habe ich Ihnen von der diesigen grossen Staatsveränderung, und was bey deren Arretirung vorgefallen, Nachricht ertheilet.

Mein 2tes Schreiben hat Ihnen gemeldes, was dieserwegen für Herren zur Inquisiitionscommißion ernannt sind, und wie die Staatsgefangenen von Zeit zu Zeit sind abgehöret worden.

Und im 3ten Schreiben berichtete ich den Verfolg, und daß der König ein besonderes hohes Gericht bestellet, und was für Personen dazu ernannt sind, auch wie dem Gerichts Procurator Uldahl und dem Cammer-Advocaten Bang die Vertheidigung dieser Personen allerhöchst übertragen worden.

Mit diesem 4ten Schreiben sende ich die Copie von derjenigen Rede, so der Gerichts-Procuraloe Uldahl am 16 März in der ersten Versamlung des Königl, angeordneten Gerichts gehalten hat.

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Copie derjenigen Rede,

Welche der Gerichts-Procurator Hr. Uldahl in der Versamlung des Königl, angeordneten Gerichts am 16 März gehalten hat.

P. P.

Der Auftrag, der Ihnen sowol; als mir, von des Königs Majestät gemacht worden, unpartheyische Beurtheiler einer Handlung zu seyn, welche ganz Dännemark zum Gegenstände hat, berechtiget uns insgesamt, ja es nöthiget uns dieser Befehl so gar, uns jetzt einen Augenblick selbst zu verleugnen, und der Verbindung zu entsagen, mit welcher uns Geburt, Stand und Pflicht der Hand unserer Majestät unterthänig und verbunden gemacht hat. Weder Partheylichkeit noch Furchtsamkeit müssen jetzt die Führerin unserer Urtheile und Empfindungen seyn; sondern allein die Gerechtigkeit und Billigkeit sind die Wagschalen, auf welchen wir auch jetzt alle unsere Handlungen abwägen müssen, und die auch allein unsre Herzen und unsere Zunge regiren sollen. Der Befehl und dir Freyheit, welche mir von des Königs Majestät, in dieser wichtigen und ganz ausserordentlichen Sache zu sprechen, allergnädigst ertheilet worden, machen mich kühn, ohne Zurückhaltung zu reden und zu bandeln. Ich werde mich nie erfrechen, dem Laster die Schminke der Tugend, und der Ungerechtigkeit die Maske der Gerechtigkeit zu geben: ich werde aber doch nach allen Regeln der Billigkeit, und nach den wahren Empfindungen meines Herzeu auf das getreuste untersuchen: Ob man nicht einen Schritt über die Gränzen gewagt habe, wenn man eine Person, deren Geburt und hoher Stand sich weit über den Staub eines Unterthanen erhebt, ob man diese Person und ihre Handlungen,

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sage ich, eben mit dem Maßstabe messen kan, nach welchem man die Verbindlichkeit und dir Handlungen eincs Unterthanen oder Bedienten des Staats beurtheilet; und ich glaube der Gerechtigkeit und Billigkeit nicht zu nahe zu treten, wenn ich dem Gegentheile das Wort rede. Sie, meine Herren, sind insgesamt sattsam von demjenigen unterrichet, was die Anschuldigungen gegen die - - - betrift, und es kommt nur darauf an daß sie der Stimme der Partheylichkeit kein Gehör geben, und allein der Gerechtigkeit und Billigkeit das Wort führen lassen. Das Vertrauen, welches ich in Dero Rechtschaffenheit setze, spricht sie schon zum voraus von dem erstern frey. und ich hoffe daß ihre Liebe zu eben dieser Geeechtigkeit meinen Gründen ohne Bedenken auch beytreten werde. Der König selbst stellet sich jetzund Dero Beurtheilungen frey, und Höchstdero gnädigste Herablassung erlaubt Ihnen, in einigen Stücken nicht den Monarch zu betrachten; und Sie dürfen ohne Einschränkung alle Handlungen untersuchen, um sie entweder zu billigen odre zu radeln, und eben diese Herablassung erlaubt auch mit, alle meine Gedanken frey zu eröfnen und die Bertheidigung der Beklagten zu unternehmen.

Ich mag nun diese Sache auf einer Seite berachten, auf welcher ich will, so finde ich so viele Bedenklichkeiten in dem Verfahren gegen die Person der - - - daß ich nicht umhin kan, sie nicht in einem jeden Stücke zu billigen. Billig haben wir jetzt die Person des K • • und dessen G • • aus einem zwiefachen Gesichtspuncte, und zwar in demjenigen Augenblicke, da der Befehl und die Vollziehung der Gefagennehmung geschah, zu betrachten: entweder auf der Seite der Majestät, oder als Gemahl, und ich glaube, daß die erstere der Hauptgegenstand sey, auf welchen man jetzt sein Augenmerk zu richten habe. Eine der wichtigsten Fragen, welche sogleich

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aus den Namen der Majestät gefolgert werden muß, ist: in wie weit man der Majestät einer K - - ein Staatsverbrechen imputren könne, wofern man sie nicht zu der Classe der Unterthanen des Reichs und des Königs berabsetzen und sie ihnen gleich behandeln will. Und wie ist es möglich dieser Herabsetzung Raum zu geben; die Verbindung, in welcher dieselbe als Gemahlinn stehet, kan zu diesem Schrit nicht im geringsten berechtigen. Ich will nur einen der geringsten Gründe erwehnen. Da es die Gesetze erlauben, nach dem Ableben eines Königs während der Minderjährigkeit des Kronprinzen das Ruder des Staate der Majestät einer verwitweten Königinn in die Hände zu geben, so spricht eben dieses Recht sogleich einer Königin alle Unabängigkeit schon bey Lebzeiten ihres Gemahls stillschweigend auf einmal zu; obgleich eine Königin nichts weniger als das Ruder des Staats bey dem Leben ihres Gemahl zu führen berechtiget ist. Und spricht sie nicht der hobe Stand iihrer Geburt und als eine Prinzeßin eines fremden Staats von eben dieser Unterthänigkeit vollkommen und ohne Umschweif frey? Mich dünkt Ja. Kan man also wol mir Recht gegen eine Person so verfahren, als man es gegen einen Unterthan des Staats zu thun befugt ist? Ich will jetzt nicht einmal anführen daß der Person einer Königin der ganze Staat die Erhaltung des königlichen Stammes zu verdanken hat. Giebt sie uns nicht des Throns würdige Prinzen? Nein! unmöglich kan man gegen dieselbe eben so, wie gegen denjenigen verfahren, der ein Eingebohrner des Staats, oder acquirirter Unterthan der Krone ist, und dessen Abhängigkeit allein von der Majestät des Monarchen dependitet.

Aber noch nicht genug, meine Herren, daß wir hier die Seite der Majestät betrachtet haben; wir wollen uns nach einein andern Gesichtspuncte wen-

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den, wir wollen sie blos als Gemahlin ansehen, wir wollen alle diejenigen Rechte beyseite setzen, deren ein Monarch, dessen Macht unumschränk- ist, sich bedienen kan, mit seinen Unterthanen nach der Strenge zu verfahren, und über sie ein Urtheil zu sprechen, welches seinen weisen Einsichten gemäs ist: so glaube ich auch bier nichts weniger als dieses zu finden, daß ein Ehemann eine unumschränkte Gewalt über die Person seiner Gattin besitze; da die Ehe nichts anders als ein pactum ist, dessen finis in mutuo auxilio & propagatione stirpis besteht. Sind die geistlichen Gerichte blos darum kür die Wohlfarth) eines Staats geordnet, damit sie diese Gerechtsame beschützen, die Ordnung derselben erhalten, und demjenigen Theile, dessen Beschwerden den andern bey diesen Gerichten angebracht werden Gerechtigkeit wiederfahren lassen? Und kan man wol eine Entscheidung beschlissen, bevor nicht das billige Audiatur & altera pars Statt gefunden hat? Ueberiegen sie wohl, meine Herren, ob sich nicht in hoc statu bereits das Gegentheil geäussert hat. Die Gewalt, mit welcher man die K - - - C - - - behandelt hat, zeiget offenbar die Herabsetzung ihrer Hoheit, ihrer Geburt, und ihrer Gerechtsame als Gemahlin, ja überhaupt des Bandes, das sie mit der Monarchie verknüpfet; und nur die Wiederherstellung ihrer Freyheit kan den Glanz ihrer Hoheit und Gerechtsame wieder in etwas erheben. — Und in wie weit sich die ehelichen Verbindungen aufbeden lassen, kan aus den geistlichan Rechten unsers Staats am sichersten beurtheilet werden.

Ihre hoben und weisen Einsichten, meine Herren. Ihre Gerechtigkeits-Liebe und ihre Unpartbey-Iichkeit lassen mich boffen, daß Sie meine Gründe, welche ich Ihnen jetzt und ferner vorlege, in tiefe und und unpartheyische Ueberlegung ziehen werden. Es würde unnöthig seyn, Ihnen alles dasjenige zu

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wiederholen, was diese hobe Person selbst zu eigener Vertheidigung angewendet hat. Alle diese Pappiere sind in Ihien Händen, kesen Sie, urkheilen Sie, nnd dann werden Ihre Gesinnungen nicht anders als meinen Gedanken und meinen Gründen beytreten können, deren Aufsatz ich Ihnen ebenfals schriftlich und weitläuftiger, und, wie ich mir schmeichele, weit gründlicher darlegen werde, als es mit diese wenigen Augenblicke erlauben, welche ich, vor Ihnen zu reden, die Erlaubniß habe. Der König hat Sie zu Richtern gesetzt, und allein von Ihren Urtheilen wird es abhangen, die Rechte der Majestät zu beschützen, die monarchische Gewalt zu erhalten, und die Freyheit des Reichs zu unterstützen. Blos nach Ihrem Ausspruche wird man die Beleidigungen in einem höhern oder niedrigern Grade betrachten, und blos in ihre Hände ist es gegeben, einer Person den Vorzug und hoheit ihrer Geburt, und die Rechte der Majestät zu erniedrigen, ja ich will sagen gänzlich abzusprechen. Sie allein haben es jetzund in Ihrer Gewalt, entscheidende Richter zwischen einem Gemahl und einer Gemahin zu seyn, deren Rechte und Verbindlichkeit, aus diesem Gesichtspuncte betrachtet, einander von je her gleich gewesen sind. — Wir können nichts anders als uns vertheidigen, und diese Verbeidigung kan aus keinem andern Grunde fliessen, als welche uns die Gerechtigkeit und Billigkeit an die Hand giebt.

Der Befehl meines Könige hat mich zu dieser Vertheidigung beschimmt. Leben sie aber versichert, daß ich nichts ohne die genaueste Prüfung unterfangen werde; wedet die Partheylichkeit noch der Affect, sondern allein die Rechte und mein Gewissen sollen in allen meinen Unternehmungen für diejenigen Personen, die meiner Vertheidigung anbefohlen sind, die Feder führen.

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56 Von den Staatsgefangenen ist nichts Neues zu berichten. Der Graf Struensee beschäftiget sich itzo in seinem Gefängnisse mit Schreiben, weil er dazu in Gegenwat des Hn. D. Münters die Erlaubniß zu schreiben erhalten hat, er beschäftiget sich damit viele Stunden, und alles was er schreibt wird in seiner Gegenwart versiegelt, und also zu dem Baron Juel Wind zur Aufbewahrung gesandt. Diese Erlaubniß hat der Graf Brand gleichfals in Gegenwart des Probsten Hee erhalten.

Am 7 April die waren beiden Brüder, der Graf und der Justitzrats Struensee wie auch der Oberste Falkenschiol, wieder im Verhör.

Und am 10 April wurden die Sachen der Grafen Struensee und Brand von den verordneten Advocaten vor der Inquisitions-Commitzion vorgetragen, wobey der General-Fiscal Vivet Kläger war; es ist also mit dem ehesten das Endurtheil zu hoffen. Der Justitzrath Struensee hat seine Bertheidigung schriftlich aufzusetzen die Erlaubniß erhalten, und damit er im Schreiben nicht, gehindert wird, so ist er itzo an der linken Hand und rechten Fuß geschlossen. Seine Bertheidigungsschrift von 6 Bogen hat er der Commißion schon übergeben.

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5tes Schreiben.

Von

Copenhagen, vom 25 April,

worin

von dem Verhör

und

Urtheil

der Gräfen

Struensee und Brand Nachricht ertheilet wird.

1772.

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Mein Herr!

Da Sie bey mir so dringend anhalten, von der hiesigen am 17 Jan. entstandenen grossen Staatsveränderung, auch keine Kleinigkeiten, die damit eine Verbindung haben, zu verschweigen, so habe nachgesehen, was ich etwa übergangen hätte, und finde noch folgendes, so ich nicht der Mühe werth geachtet, und welches bey müßigen Stunden gesamlet, um bey erster wichtigen Gelegenheit mit zu übersenden; es bestehet in folgenden:

Zu Ausgange des Märzen hat der Graf Struensee einen Brief von seinen Vater nnd Mutter erhalten. Des Vaters Brief ist in dem Styl eines aufrichtigen und rechtschaffenen Theologen geschrieben, und

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60 der Graf, da er durch diesen Brief sehr gerührt worden, hat gesagt: daß er darin seinen Vater erkenne. Der Brief von seiner Mutter ist hingegen mit den liebreichsten Antheil eines fühlenden Herzens geschrieben. Denn statt den Grafen mit Vorwürfen zu überhäufen, geht sie auf seine Erziehungsjahre zurück, und bittet ihn um Verzeihung, wenn sie etwa in der Erziehung des Grafen solte gesehlet, und schon damals unwissend und wider ihren Willen den G und zu seinem jetzigen Unglück gelegt habe. Es hat auch der Graf die Erlaubniß erhalten bende Briese zu beantworten, doch muß die Antwort vorher, ehe die Absendung geschickt, gelesen werden. Des Grafen Struensee erspartes Tagegeld hat sich am 31 März auf 3 Rthl. befunden; hieraus ist zu ersehen, wie mäßig er in seinem Gefängnisse gelebet hat. Und seine größte Beschäftigung ist auch anitzo sich in wahren christlichen Glauben zu gründen und festzusetzen, worin ihn auch der Hr. D. Münter mit dem grössesten Fleisse unermüdet unterstützet.

Den 1 April wurde der Legationsrath Sturtz, ob er gleich sehr krank wor, von dreyen Mitgliedern der Inquisitions-Com-

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mißion auf der Hauptwache abgehöret. An diesem Tage sind auch der Etatsrath Willebrandt, und der vormalige Cabinekssecretair Panin in ihren Häusern abgehöret worden.

Den 2 April war die angesetzte Königl, grosse Commißion, welche aus 39 Personen aus allen Collegiis und Departementern bestehet (und im 3ten Schreiben benennet sind) auf dem Versamlungs-Saal der vormaligen Königl. Rentekammer, von 4 Uhr Nachmittags, bis 11 Uhr Abends versammelt. An diesen Tage ist das Protocoll geschlossen, und am 6ten ist sie wieder zusammen gewesen.

Am 2ten April wurden die Grafen Struensee und Brand, den 9ten vor der Inquisitions-Commißion zu erscheinen, citiret. Der Hr. General-Fiscal Vivet hat hierauf denselben solche Citation den 3ten April übergeben, und den 5ten April sind ihre Advocaten, der Uldahl bey dem Grafen Struensee, und der Hr. Bang bey dem Grafen Brand gewesen, um sich mit dieselben wegen ihrer Verantwortug zu besprechen. Diese Verantwortung ist sodann seit dem 10ten April vor der Com-

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mißion auf dem Schlösse von ihnen vorgetragen worden.

Den 7 April waren auf dem Castel der Graf Struensee und der Justitzrath Struensee, ersterer vielleicht zum letztenmahl, vor der Inquisitions-Commißion im Verhör.

Es war auch an diesem Tage die Commißion auf dem Schlosse versammelt, wo vor derselben die Verhandlung der Sachen, des Grafen Struensee und Brand von Seiten der verordneten Advocaten ihren Anfang nahm. Der General-Fiscal, Hr. Vivet, ist Kläger, und die Defendenten der Angeklagten sind der Gerichts-Procurator, Hr. Uldahl, und der Kammer-Advocat, Hr. Bang.

Und den 8ten April wurde der Obersie Falkenschiold gleichfals zum Verhör bey erwehnter Commißion vorgebracht.

Sonsten geniesset itzo das ganze Königliche Haus eine vollkommene Gesundheit, und unser allergnädigster König machen sich mit dem Erbprinzen täglich veränderliches Vergnügen, und lassen sich zur Freude Dero Unterthanen öffentlich sehen.

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Am 9 und 19 April reisete der Englische Minister Hr. Keith, nach Kronenburg, um sich mit Ihro Majestät, der Königin zu unterreden, und kam des folgenden Abends wieder zurücke.

Der Hofstaat der Königin Carolina Mathilda, wird anitzo ansehnlich vermehret, und bestehet aus folgenden Personen: Ein Ober-Hofmeister, 2 Hof-Cavaliers, 3 Hof-Damen, 1 Schloß- und Proviant-Verwalter, 1 Caßirer und Hofschreiber, 1 Kammerfrau, 1 Kammerjungfer, 1 Kammer-Laquay, 4 Laquayen und 1 Mundkoch; der ganze Hof-Etat aber 60 Personen ausmachen. Der Oberste Penz künftiger Ober-Hofmeister der Königin, ist gestern mit dem Caßirer Martini, von hier nach Jütland abgereiset.

Am 23. 24. und 25. April ist die Inquisitionscommißion wieder versamlet gewesen, und heute ist von derselben bey offenen Thüren das Urtheil des Grafen Struensee und Brand dahin publiciret worden, daß sie ihrer Ehre und Güter für verlustig erklärt, ihnen die rechte Hand und der Kopf abgehauen, der Leib geviertheilt und auf das Rad geflochten, die

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Hand aber, nebst dem Haupte, auf Pfähle gesteckt werden.

Es muß aber dies Urtheil noch erst von des Königs Majestät unterschrieben werden, und es steht daher zu erwarten, ob Se. Majestät es in allen Stücken bestätigen, oder es mildern, und Gnade vor Recht ergehen lassen werden.

Solte die Confirmirung des Urtheils von Sr. Königl. Majestät erfolgen, so werde nicht ermangeln, Ihnen solches mit allen dabey besonders vorfallenden Umständen zu berichten.

Ich bin & c.