Die Bücher der Chronica des Grafen Struensee, […] aufgezeichnet von Ismael Nerias. Vorsänger in der Synagoge.

Die Bücher

der

Chronika

des

Grafen Struensee,

woinnen geschrieben ist

was sich zugetragen hat mit ihm, und wie er verderben wollte das Volk der Dänen und den König;

imgleichen

was sich ferner zugetragen hat bis auf diesen Tag, ausgezeichnet von

Ismael Nerias.

Vorsänger in der Synagoge.

1772.

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Das 1. Capitel.

Und es begab sich zu der Zeit, daß der König Friedrich herrschete über sein Volk in Dänemark, und die Kinder der Dänen hatten Friede vor ihren Feinden rings umher, und ein jeder saß unter seinem Feigenbaum in Ruhe.

2. Denn Friedrich regierete sein Volk weislich, und schaffte ihm Recht vor allen Feinden.

3. Der König aber starb und ward begraben zu seinen Vätern, und jedermann trug Leide über ihn.

4. Und sein Sohn Christian ward König an seiner statt. Siebzehn Jahr alt war Christian, da er König ward.

5. Und trug Leide um seinen Vater Friedrich, und zerriß seine Kleider, und streuete Asche auf sein Haupt, und gürtete einen Sack um seine Lenden, und trug Leide, einen Tag und sieben Tage.

6, Und da der König Friedrich todt war, berief Christian alle Räthe und Amtleute und die Obersten seines Volks zu sich auf seine Burg, und ließ sich schwören den Eid der Treue.

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7. Und alle Räthe und Aeltesten und Amtleute kamen, und neigeten ihr Antlitz zur Erden und beteten an und sprachen: Gott verleihe dir langes Leben Herr König! Was will unser Herr, der König, daß seine Knechte thun sollen?

8. Der König aber sprach: Ihr sollt mir schwören den Eid der Treue, wie ihr meinem Vater Friedrich geschworen habt.

9. Sie aber sprachen: Siehe, wir sind deine Knechte, wir und unsere Kinder, mache mit uns, wie es dir wohl gefällt. Und sie schwuren alle, und riefen: Glück zu dem Könige und seinem Saamen nach ihm! Und alles Volk mußte sagen: Amen!

Das 2. Capitel.

Es ward aber funden eine Königs-Tochter in England, eine schöne Jungfrau. Und es ward dem Könige Christian angesagt: Siehe, wir haben gefunden eine Königs-Tochter in England, die ist fast schön.

2. Und der König hatte Lust zu ihr, und wollte sie nehmen zu seinem Weibe.

3. Und er schickte Boten an den König der Engländer, und ließ ihm sagen: Willst du mir deine Schwester zum Weibe geben. Denn der Jungfrau Vater war versammlet zu seinen Vätern, und sie war unter der Hand ihres Bruders.

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4. Da ließ der König seine Schwester Carolina rufen, und sprach zu ihr: Willt du mit diesen Männern ziehen? und sie sprach: Ja! Da gab der König der Engländer seine Schwester dem Könige Christian in Dänemark zum Weibe.

5. Der König aber machte ein groß Mahl allen seinen Knechten und seiner ganzen Freundschaft, und ein jeder konnte thun, was ihm gut deuchte, an dem Tage, da der König die Jungfrau zum Weibe genommen hatte.

6. Und sie gebahr ihm einen Sohn, welcher genennet ward Friedrich, und er sollte sitzen auf dem seines Vaters nach ihm.

7. Als dieses alles vollendet war, rief der König abermal seine Räthe und Amtleute und die Aeltesten im Volk zu sich und sprach: Ich habe mir vorgenommen

zu thun eine Reise in ferne Lande, und ihr sollt Acht haben auf mein Volk, daß alles ordentlich zugehe, und einem jeden Recht wiederfahre.

8. Und der König besahe viele Länder und Königreiche und Städte, und zog wieder heim in sein Land und zu seiner Freundschaft.

9. Und jedermann freute sich, daß der König wieder heim kommen war, und jauchzete, und stellete Freudenfeste an, und alles Volk pfif mit Pfeifen.

Das 3. Capitel.

Es war aber ein Mann im Lande, weise und verständig zu heilen allerley Krankheiten, der hieß Struensee.

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2. Und es wurde dem Könige angesagt, siehe, da ist ein Mann, der weise ist für dich, dein Leibarzt zu seyn.

3. Und der König ließ ihn rufen, daß er ihn ehrete, und er gewann ihn lieb, und er zog mit dem Könige seinen Weg in ferne Lande, bis er wieder heim kam.

4. Der Mann aber war ein listiger Fuchs, und stahl dem Könige sein Herz.

5. Und der König machte ihn zu seinem Rathe, und that nichts ohne ihn. Da befahl der König den Aeltesten und Obersten und Amtleuten, dem Feldhauptmann und allen Hauptleuten und Kriegsknechten und dem ganzen Volk, daß man den Mann ehren sollte.

6. Und der König machte ihn zum Grafen, und ließ ihn sitzen an seiner Seite; darzu gab er ihm Geld und Guths genug, wie auch Feyerkleider, und that einen Fingerreif an seine Hand, worauf des Königs Bild gemahlet war künstlich, auch machte er ihn zum Ritter vom Elephanten, nach der Sitte des Landes.

7. Und Struensee that, was ihm wohl gefiel; denn er hatte dem Könige sein Herz gestohlen, und trachtete darnach, wie er alles in seine Hände bekäm.

8. Denn er wurde stolz, und sein Herz erhob sich in seiner Glückseligkeit; denn sein Herz war voller Bosheit und Neid und öittrer Galle.

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9. Der Graf Struensee aber machte viele neue Satzungen und gab sie dem Volke, welche verderbeten die guten Sitten, und nicht taugten, und befahl, daß man sie halten mußte bey des Königes Ungnade.

10. Die Aeltesten aber im Volk und die alten weisen Räthe sichen wohl, daß dieses nicht taugte, und daß man ausrotten wollte, den wahren Gottesdienst, daß man falschen Götzen opferte.

11. Aber sie zähmeten ihre Zunge. Denn der Graf Struensee wußte dem Könige alles unter einem falschen Scheine vorzustellen, als ob er des Volkes und des Reiches Beste suchte.

12. Und er hatte sich einen Anhang gemacht unter etlichen der Obersten und Amtleute, die eben so voller Schalkheit waren, wie er, und die K * * sahe ihn gnädig an, und sie neigete ihr Herz ab vom K * *, daß es nicht mehr war wie gestern und ehegestern..

13. Und sie verbanden sich heimlich, daß sie verderben wollten den König und sein ganzes Haus, damit sie herrschen möchten über das ganze Königreich allein, und Struensee wollte sich nennen lassen einen Protector.

Das 4. Capitel.

Die Aeltesten aber und die Hohenpriester und das ganze Volk sahe wohl, daß man ein Joch über ihre Hälse bringen wollte; sie durften es aber

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nicht wagen zum Könige: denn jedermann furchte sich. Denn Struensee und Brandt lauerten täglich vor des Königs Kammer, damit niemand hingienge und redete mit dem Könige allein,

2. Und nicht offenbar würde, was Struensee thät, um sich groß zu machen.

3. Da gieng alles Volk in seine Kammer, und weinete heimlich, und streueten Asche auf ihre Häupter, fasteteu und riefen zum Herrn, daß er sie errettete von der Hand ihres Widersachers.

4. Der König aber wußte nichts von alle dem was vorgieng, und machte Struensee noch grösser, und setzte seinen Stuhl über alle, die bey ihm waren.

5. Und alle Knechte des Königs, die im Thor des Königs waren, beugeten die Knie und beteten Struensee an.

6. Von der Zeit an trachtete Struensee, wie er zum obersten Fürsten würde im Königreiche, und sich zueignen möchte das Herzogthum Plön mit List.

7. Sein Herz aber erhob sich noch mehr, und machte einen Anschlag, wie er sich setzen möchte auf den Stuhl des Königs Christian.

8. Und Struensee hielt einen Rath mit seinem Anhange, wie er ausführen möchte die Anschläge, die er gegen seinen Herrn, den König, gefaßt hatte.

9. Und wie er umbringen möchte den König, und des Königs Mutter, Juliana Maria, und ihren Sohn Friedrich, und seine Schwester Maria Amalia.

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10. Und daß jedermann fallen sollte vor ihm, durch die Schärfe des Schwerdts, beyde klein und groß, wenn man sich auflehnen wollte wider ihn, und nicht schwören den Eid der Treue, wie man ihn zu schwören pflegt den Königen, und die K * * C * * sollte sitzen neben ihm.

Das 5. Capitel.

Da ließ Struensee ausrüsten alle Kriegsknechte des Königs, und die Reußigen und Crethi und Plethi täglich, als ob sie ziehen sollten in Streit, den Bürgern aber sollten ihre Rüstungen genommen werden.

2. Und er ließ Canonen fahren auf die Mauern und Bollwerke der Stadt, und ließ sie richten gegen die Gassen, damit er zwingen könnte alle, die sich wider ihn setzen würden. Er aber überredete den König, als ob sein Volk murrete wider ihren Herrn.

3. Und es war ein groß Klagen und Heulen unter dem Volk, und viele fasteten, weineten, trugen Leide und hülleten sich in Säcke und saßen in der Asche Tag und Nacht.

4. Und niemand durfte zu des Königs Thor eingehen, außer wenn ihn die Kriegsknechte führeten hin und her.

5. Struensee aber hatte beschlossen, daß er ausführen wollte sein Vorhaben mit seiner ganzen Rotte auf den 17. Tag des Monats Tebeth, in der Nacht, wenn alles sicher wäre im Schlaf.

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6. Und Struensee sprach: Gott thue mir diß und das, wenn einer davon kommen soll mit seinem Leben, der sich widersetzet meinem Willen, auch nicht einer der an die Wand pisset.

7. Der König aber hatte einen Feldhauptmann, der hieß Eichstedt, ein weiblicher Mann, und es wurde ihm angesagt, siehe, der König hat Lust zu dir, und du sollt heute kommen zu des Königs Mahl, mit ihm das Brodt zu essen.

8. Und nach dem Mahl wurde er gerufen in eine Kammer auf der Burg, und er wußte noch nicht, daß man etwas Vorhalte wider den König und sein Haus.

9. Und Struensee sprach zu ihm: Du bist ein weidlicher Mann, der kein feiges Herz hat, und du sollt groß werden vor allem Volk, wenn du willigest in den Rath, und deine Hand mit uns ist wider den König und sein Haus.

10. Da wurde der Feldhauptmann Eichstedt traurig, daß er sollte brechen den Eid, den er seinem Herrn, dem Könige, geschworen hatte, und sprach: Das sey ferne, daß ich meine Hand aufheben sollte gegen den Gesalbten des Herrn.

11. Struensee aber zeigete ihm an alles, was man vorhatte und wie man es hinausführen wollte, und sprach: Du wirst nicht von dannen herab kommen in dein Haus, bis du gewilliget hast in den Rath, den wir beschlossen haben, und du sollst ver-

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sammlen alle Kriegsknechte, die unter deiner Hand sind, daß sie uns beschützen in unserm Vornehmen.

12. Auch sollst du trachten zu gewinnen den obersten Hauptmann Köller, daß er uns beystehe mit allen seinen Knechten und Reußigen.

13. Aber die Kriegsknechte des Obersten Köller hüteten des Tages auf der Burg.

14. Der Feldhauptmann Eichstedt aber stellete sich, als ob ihm wohlgefiel alles, es ihm Struensee vorsagte, und versprach, daß er ihm beystehen wollte und ihn setzen auf des Königs Stuhl.

Das 7. Capitel.

Am Abende aber desselbigen Tages war ein groß Fest angestellet, und man tanzte am Reigen, und der König tanzte und war fröhlich.

2. Denn er dachte nicht, daß man ihm nachstellete. Das war aber alles so geordnet, damit man ausführen möchte was man vorhatte.

3. Struensee aber, als es ihm Zeit dünkte, war nicht mit beym Reigen, und er befahl dem Feldhauptmann Eichstedt, daß er eilen sollte und ausführen, was er versprochen hatte.

4. Und der Feldhauptmann eilete'in sein Haus und zog seine Kleider aus, und legte andere Kleider an, und verstellete sich, daß man ihn nicht kannte vor allen seinen Dienern, und schlich sich heimlich aus zur Thür, daß er es kund machte einigen von

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den Aeltesten und Rathen des Königs, was man wider Christian beschlossen hatte.

5. Und er gieng hin zu dem Reichsgrafen von Ranzau-Aschberg, und weinete und erzählete ihm alles was vorgieng.

6. Da zerriß Ranzau seine Kleider, raufte sich den Bart aus und stellete sich scheuslich. Und er lief eilend mit dem Feldhauptmann Eichstedt zu des Königs Mutter Juliana Maria, daß er ihr ansagte: siehe man trachtet nach deinem Leben und will umbringen den König und sein ganzes Haus. So mache dich nun auf zum Könige, zu erretten dich und deine ganze Freundschaft.

7. Da erschrack Juliana sehr und weinete und raufte sich die Haare aus.

8. Und es wurden Boten gesandt heimlich zu des Königs Bruder Friedrich, und zu dem Obersten Köller, und des Königs geheimen Rath Osten, und ließen ihnen sagen: Machet euch eilend auf zu kommen zu der Königin Juliana, und sie kamen eilend dahin ängstlich.

9. Der König aber war gutes Muths in derselben Nacht, und war vom Reigen kommen, und er lag auf seinem Bette.

10. Da machte sich eilend auf die Königin Juliana und alle die bey ihr waren, und giengen hinein zum Könige in seine Kammer, ohne daß sie es ansageten vorher.

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11. Da erschrack der König heftig und entsatzte sich und sprach: Was willst du, Königin, mein Gott! was willst du?

12. Die Königin aber weinete laut und sprach: Nicht doch, mein Sohn, denke nicht Arges in deinem Herzen, daß wir etwas Vorhaben wider den König. Sey getrost und unverzagt. Wir sind kommen, zu erretten dich und dein ganzes Haus, sammt alle dein Volk von der Hand deiner Feinde.

13. Und Juliana redete weiter und sprach: Habe ich Gnade funden vor dir, so gieb mir mein Leben: denn wir sind verkauft, ich und du, daß wir erwürget und umbracht würden.

14. Da ergrimmete der König sehr und sprach: Wer ist der, oder wo ist der, der solches in seinen Sinn nehmen dürfte, also zu thun?

15. Und die Königin sprach: Es ist Struensee und sein Anhang, der nach unserm Leben trachtet, und dürstet nach deinem Blut, und herrschen nach

und sitzen auf deinem Stuhl mit der K** C*. 16. Die Königin aber konnte nicht weiter reden vor Weinen und Traurigkeit. Da sagte des Königs Bruder alles was er wußte, und sie lagen dem Könige alle an, daß er eilen sollte, sie zu retten, ehe denn sie gegeben würden in ihrer Feinde Hände.

Das 8. Capitel.

Der Graf von Ranzau aber, des Königs Rath, hatte geschrieben geheime Befehle in Eil an

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alle Obersten und Hauptleute über hundert und über fünfzig im Namen des Königs, was sie thun sollten, zu beschützen den König, damit nicht ein Aufruhr werde im Volk, auch nicht einer entrinnen möchte von denen, die wider den König waren.

2. Und er zog sie hervor aus seinem Sack, und zeigete sie dem Könige und sprach: Habe ich Gnade funden vor dir, mein Herr König, so unterschreibe sie, und besiegle sie mit deinem Ringe, damit dein und unser Leben erhalten werde, und deine Feinde fallen in ihre Stricke.

3. Denn der Schrift, die in des Königs Namen geschrieben ist, und mit seinem Ringe besiegelt, muß jedermann gehorchen.

5. Als der König dieses sahe, ward er sehr traurig und sprach: Mein Gott! dieses wird ganze Ströme Bluts kosten. Ranzau aber antwortete: Sey getrost, mein Hert König, alles Unglück soll auf meinen Kopf kommen, wenn es übel gehet, eile nur und verzeuch nicht. Und sie baten ihn alle.

5. Da unterschrieb der König und sein Bruder Friedrich, und versiegelten sie mit ihrem Ringe.

6. Und es wurden Boten gesandt, und die Boten eileten und kamen zu einigen Hauptleuten von den Kriegsknechten des Feldhauptmanns Eichstedt und des Obersten Köllers, und gaben ihnen des Königs Befehl, daß sie wußten, was sie thun sollten, und sie richteten alles aus.

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7. Und der König that alles unter die Hand des Feldhauptmanns Eichstedt, und satzte ihn über die Stadt Copenhagen, dieweil er treu gewesen war dem Könige und nicht gewilliget hatte in den Rath seiner Feinde.

8. Und der Feldhauptmann Eichstedt nahm zu sich eine Schaar seiner Reußigen, welche man nennet Dragoner, und besetzte des Königs Burg, und die Kammer, da der König innen war, damit niemand den König antasten möchte.

9. Und es wurden gefangen genommen der Graf Struensee und sein Bruder, welchen man nennet einen Justitzrath, und der Graf Brand, und der Feldhauptmann Gude mit seinem Weibe, und sie wurden auf die Citadelle gebracht, ein jeder an einen besondern Ort.

10. Und noch viele andere wurden gefangen genommen, die verdächtig waren, wie der König befohlen hatte, also daß nicht einer entrann von allen denen, die schuldig waren.

11. Der König aber war sehr betrübt, daß auch die K * * C * * wider ihn war, und befahl seinem geheimen Rathe Ranzau, daß er hinginge und zeigte an der K * *, wie sie übels gethan habe vor ihm.

12. Und der König war sehr ergrimmt über sie, und befahl dem Grafen Ranzau, seinem Rathe, daß er zu sich nahm noch einige Kriegsknechte, und

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hinging zur K * *, daß er sie gefangen wegführete.

13. Und Ranzau thät, wie ihm der König befohlen hatte, und nahm zu sich einige Kriegsknechte, und ging mit dem Grafen von Osten, des Königs geheimen Rath, und kam vor die Kammer, da die K - - C - - innen lag, und trat vor ihr Bette.

14. Da Hub die K * * ihre Augen auf, und fragte: Wer ist da? und da sie den Grafen Ranzau sahe, sprach sie: Bist du es? Bist du ein guter Bote? Lebt der K * * noch? Wo sind meine Knechte, Struensee und Brand?

15. Ranzau aber that, als ob er es nicht achtete, und richtete aus, was ihm der König befohlen hatte, und daß er käme sie gefangen weg zu führen, nach dem Worte des Königes.

16. Da ergrimmete die K * * heftig, und sprang von ihrem Lager und sprach: Das soll dein Leben kosten! Wo ist mein Knecht Osten?

17. Ranzau aber antwortete, daß er harrete vor der Thüre der Kammer der K * *; und sie rief voller Grimm: Ist der auch ein Verräther!

18. Da fragte sie abermal: Wo sind meine Knechte, Struensee und Brand?

19. Und Ranzau antwortete und sprach: Sie sind gefallen vor des Königs Zorn und gefangen weggeführet nach die Citadelle.

20. Da ergrimmete der K - - noch heftiger, und

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sprang auf von ihrem Bette, und ergriff den Grafen beym Zopf, und stellete sich ungebärdig.

21. Da rufte Ranzau zween von der K - - Dirnen, welche draussen stunden, daß sie der K - - die Kleider anlegten, denn sie war fast bloß.

22. Sie aber ergriff ihren Mantel, und hüllete sich in denselben, und suchte zu entfliehen durch einen verborgenen Gang. Die Thüre desselben aber war schon bewahret mit Hütern, daß niemand aus ihren Händen entrinnen konnte.

23. Deß erschrack sie heftig, fiel nieder auf einen Stuhl, und ihre Kraft wich von ihr. Man suchte sie aber zu stärken mit kräftigen Wassern; da wurden ihre Augen wacker und stärkete sich.

24. Da nahm sie Ranzau bey der Hand, und eilete mit ihr nach dem Thor, damit er thät nach dem Worte des Königes. Er hatte aber sein bloß Schwerd in seiner Hand, und er brachte sie bis an den Wagen, und satzte sie in denselben. Es saß aber neben ihr eine ihrer Dirnen, die hieß Mösting, welche ihrer Tochter pflegete, und trug sie mit sich auf ihren Armen, und saß noch bey ihr ein Ober-Hauptmann, mit Namen Carstenschiold, mit bloßem Schwerdte.

25. Und sie war umgeben mit 30 Kriegsknechten zu Roß, die sie nach dem Schloß Cronenburg brachten, wo sie verwahret wird mit Hütern bis auf den heutigen Tag.

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26. Sie aber aß nicht und trank nicht, sondern weinete und heulete, rauste sich die Haare aus und schrie: Ach du unglückliches Kind! ach ich unglückliche Mutter! Ihre Kammer aber ist verwahret mit starken eisernen Gittern, daß niemand entrinnen kann aus der Stätte.

27. Alles dieses aber geschah in der Nacht zwischen der dritten und vierten Nachtwache.

Das 9. Capitel.

Und da der Tag anbrach, siehe, da wurde ein Gemurmel unter dem Volke; denn ihre Herzen waren feige worden und zageten. Und sie wußten nicht, was vorgieng und sorgeten für des Königs Leben, daß ihm etwas zugestoßen wäre.

2. Und alles Volk eilete nach des Königs Burg. Da wurde dem Könige angesagt: siehe, dein Volk ist versammlet draußen vor dem Thor des Hauses, und träget Sorge um dich. Darum gehe hinaus, und zeige dich dem Volke; denn du bist wie ein Augapfel in ihren Augen.

3. Da stieg der König hinauf aufs Dach, und mit ihm seine Mutter, die Königin Juliana, und sein Bruder Friedrich, und zeigeten sich dem Volke, daß es ihnen wohlgienge.

4. Da wurde das Herz des Volkes fröhlich, und alles Volk rief mit lauter Stimme: Glück zu dem Könige! Lange lebe der König und seine Freundschaft mit ihm!

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5. Und die Einwohner der Stadt Copenhagen jauchzeten, und waren fröhlich, und liefen hin und her. Denn es war ihnen Freude und Wonne gekommen.

6. Und in allen Landen und Städten, wohin die Botschaft gelangete, da war Freude und Wonne unter dem Volke, Wohlleben und gute Tage; denn das Gerücht erscholl in alle Länder durch die reutenden Boten, welche gesandt wurden hin und her von Stund an.

7. Auch alle Obersten im Lande, und Fürsten und Landpfleger und Amtleute freueten sich baß, daß der Herr sie errettet hatte aus der Hand ihrer Widersacher. Denn Struensee hatte das Volk murrend gemacht.

8. Und der König fuhr desselben Tages in seinem Wagen, und mit ihm sein Bruder, durch alle Gassen der Stadt, und das Volk drang sich an den Wagen, daß er kaum durchkommen konnte vor der Menge des Volks.

9. Und die ganze Stadt ertönete von Jubelgeschrey, und alles Mißvergnügen und Angst und Traurigkeit verschwand vor ihren Augen.

10. Und die Priester und Leviten giengen in den Tempel, und brachten Dankopfer und sungen Psalmen, daß der Herr errettet den König und sein Volk.

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11. Am Abende aber desselben Tages war das Jauchzen noch größer, und man machte Freudenfeuer, und zündete Lichter an, und Lampen und satzte sie an die Fenster von unten bis oben aus.

12. Und der König fuhr abermal in seinem Wagen durch die Stadt, und sein Herz freute sich, daß ihn sein Volk liebete.

Das 10, Capitel.

Es waren aber etliche unter dem Volke, die trieben Muchwillen an demselben Abende und in der Nacht, und legten ihre Hände an einige Häuser, die berüchtiget waren.

2. Das gefiel dem Könige übel, und er ließ die Posaune blasen, und es gieng ein Befehl aus vom Könige, daß alles stille seyn sollte, und ein jeder in seine Hütten gienge mit Frieden.

3. Da ward alles Volk stille und ein jeder gieng unter sein Dach: denn sie ehreten den König und sein Gebot.

4. Der König aber theilete Geschenke aus, und belohnete die Treuen unter seinen Rächen und Obersten und Hauptleuten und allen Knechten in seinem Thor. Auch machte er das Weib des Feldhauptmanns Numsen zur Oberhofmeisterin seines Sohnes, der nach ihm sitzen soll auf seinem Stuhl, und den Feldhauptmann Ranzau machte er zum Obersten Feldhauptmann über das Fußvolk, und zum Ritter vom Elephanten. Der Feldhauptmann

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Eichstedt ward Ritter vom Dannebroge und Oberster Feldhauptmann über die zu Roß. Der Oberste Köller aber ward Feldhauptmann.

5. Und der König befahl, daß man diese Geschichte in ein Buch schriebe und verwahrets; und es ist geschrieben in der Chronika der Könige zu Dänemark und wird verwahret in der Kanzeley des Königs, daß es lesen die Nachkommen auf Kindes und Kindes Kind.

Das 11. Capitel.

Struensee aber war hart gebunden mit Ketten, und in ein Gefängniß gesetzet, wo man die Missethäter zu verwahren pfleget.

2. Und man zog ihm die Feyerkleider aus, und zog ihm einen Sack an; und er stellete sich, als wollte er rasen, und lief mit dem Kopf wider das Gitter, damit er sich selbst umbrächte.

3. Die Kriegsknechte aber ergriffen ihn, daß ers nicht ausführen konnte. Da wurde er noch härter gebunden und mit Ketten gefesselt an den Fußboden des Gefängnisses.

4. Es war aber ein Knabe, welcher ihm die Ketten anlegte, der spottete sein.

5. Denn als Struensee noch lebete in seiner Herrlichkeit, war der Knabe angethan mit Fesseln um einer Uebelthat willen, und war ein Sclave.

6. Struensee aber wandelte auf der Gassen, da bath ihn der Knabe um ein Allmosen, und er

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gabs ihm. Da sprach Struensee zum Knaben, als er ihn bat, den König für ihn zu bitten: Um deiner Tugend willen trägst du deine Ketten wohl nicht, und er gieng davon.

7. Es begab sich aber nach der Zeit, daß der König Barmherzigkeit thät an dem Knaben, und ihm wurde die Bande abgenommen, und gebracht auf die Citadelle, daß er daselbst dienete und schließen mußte die Missethäter.

8. Als er aber dem Grafen Struensee die Ketten anlegete, spottete er sein und sprach: Mein Herr, um deiner Tugend willen lege ich dir die Ketten wohl nicht an. Struensee aber schwieg stille.

9. Und Struensee ist zum Liedlein worden auf allen Gassen, daß sein Stolz gefallen ist, und es ist auf seinen Kopf kommen alles das Unglück, welches er andern bereitet hatte, und alle seine Anhänger sind mit ihm gefallen.

10. Die Schreiber aber, und die erfahren sind in Schriften, dichteten Liedlein und man sang sie auf der Gassen; denn Struensee war jedermann ein Gräuel worden.

11. Der König aber befahl, daß man ein Dankfest anstellete in seinen Königreichen und in allen seinen Landen und Städten und Dörfern und in den Flecken.

12. Und es geschah also. Das Fest aber wurde gehalten auf den 26. Tag des Monats Januar,

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nach der Christen Rechnung, im siebenten Jahre der Negierung Christian des Siebenten.

12. Und man bließ mit Trommeten und spielete mit Cymbeln und Harfen und Geigen in den Tempeln, und sang Lobgesänge.

13. Die Priester aber lagen auf ihren Knien, und danketen Gott, und ermahneten das Volk, und war ein groß Frohlocken durch das ganze Land in allen Königreichen.

14. Der König ließ auch herbeybringen alle Befehle und Verordnungen, welche ausgegangen waren seit zwey Jahren und drunter.

15. Und ließ sie untersuchen durch seine Räthe, damit hinweggethan würde, was schädlich wäre: denn es hatten sich viele falsche Befehle eingesclichen ohne Wissen des Königs, seit der Zeit, daß Struensee erhoben war.

16. Was aber mehr zu sagen ist von Struensee, und wie es mit ihm ergangen ist, siehe, das ist geschrieben in diesem zweyten Buche.

Ende des ersten Buchs.

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Das zweyte Buch.

Das 1. Capitel.

Struensee aber war nicht aus den Kindern des Landes, sondern ein Fremdling, eines Hohenpriesters Sohn, welchen der König gerufen hatte aus einem fremden Lande, und hatte ihn gesetzt über die Priester und Leviten, die da dieneten in den Tempeln.

2, Und der Graf Struensee war ein arger Mann, und von Hochmuth aufgeblasen, und drückete Witwen und Waisen; und wo er etwas Gutes schaffte, that er es, um sich einen Anhang zu machen.

3. Und die da recht thaten vor dem Könige und in der Gemeine, wurden von ihm verfolgt, und sie mußten weg von der Seite des Königs, daß auch viele Redliche aus dem Lande zogen,

4. Und auf den Tag, da Struensee gefangen weggeführet wurde, gieng es also zu.

5. Da dem Könige offenbar wurde die Bosheit, welche Struensee in seinem Herzen hatte, war der König sehr zornig über ihn, und ergrimmte fast.

6. Und der König befahl dem Obersten Köller, daß er hinginge mit einigen Kriegsknechten in das Haus des Grafen Struensee, das geschah aber in der Nacht.

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7. Und da Köller ankam bey Struensee, und ihm ansagte des Königs Wort und seinen Zorn über ihn, wollte ers nicht glauben, und setzte sich heftig wider ihn, und stellete sich ungebärdig.

8. Da zog Köller sein Schwerdt aus, welches er um seine Lenden gegürtet hatte, und setzte es dem Grafen an seine Brust, und redete heftig, daß er ihn bringen müßte lebendig oder todt.

9. Da Struensee das Wort hörete, fiel er nieder zur Erden, als wäre er todt, und seine Kraft entgieng ihm. Man brachte aber herbey köstliche Wasser, zugerichtet durch die Kunst der Apotheker, und salbete ihn damit, da kam sein Geist wieder zu ihm.

10. Und man hatte Acht, daß er nichts tödliches zu sich nähme; denn man sahe wohl, daß er Böses im Sinn hatte, dieweil er forderte ein Zahnpulver, für die Schmerzen, welche er erlitte, es läge aber in seiner Kammer. Und da man es darbrachte, siehe, da ward es funden, daß es Gift war.

11. Und der Oberste trieb ihn, daß er eilete, ehe der Tag anbräche, damit er entrinne der Wuth des Volks, wenn es offenbar würde.

8. Und man band ihm die Hände, und satzte ihn in einen Wagen, und brachte ihn in ein Gefängniß auf der Citadelle. Er aber fluchte heftig, und es giengen böse Worte aus seinem Munde, 13. Und er aß nicht und trank nicht, damit er versuchte, ob er sterben möchte, auf daß er entgienge

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der Schmach, die auf ihn wartete; aber man zwang ihn, daß er essen mußte, und die Kriegsknechte brachten ihm die Speise in den Mund.

Das 2. Capitel.

Es war aber noch einer am Hofe des Königes, der hieß der Graf Brandt, ein loser Mann, welcher eins war mit Struensee wider den König, und der König befahl, daß man auch ihn gefangen nehmen sollte.

2. Da aber die Kriegsknechte ankamen, verschloß er sich in seine Kammer und weigerte sich sehr, aufzuthun. Die Kriegsknechte aber droheten ihm heftig, wenn er sich setzen wollte wider sie.

3. Da thät er die Thür auf, er hatte aber sein bloß Schwerdt in seiner Hand. Aber die Kriegsknechte ergriffen ihn stracks, und bunden ihn, und legten ihn in das Gefängniß.

4. Brandt aber war lustig und sein Herz war guter Dinge in seinem Kerker, und sang, und pfif sich ein Liedlein auf seiner Pfeife, und scherzte.

5. Es ward aber auch ins Gefängniß gebracht ein Arzt des Königs, der sich mit versündiget hatte an dem Könige.

6. Nach dieser Geschichte aber ordnete der König Richter und Räthe, daß sie richten sollten über die Uebelthäter, und es waren weise und verständige Leute, erfahren im Gesetz, und die nicht Geschenke nahmen, noch Ansehen der Person.

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7. Und es wurde Gericht gehalten über Struensee und seinen Anhang, am Ein und zwanzigsten Tage des Monats Februar, welches ist der Monat Tebeth, und es geschah also:

8. An demselben Tage, um die zehnte Stunde, wurde herbeygeführet Struensee aus seinem Gefängnisse in einem Wagen, und es saßen bey ihm zween Hauptleute des Kriegsvolks, und sein Wagen war umgeben mit sechs Kriegsknechten, welche kleine Spieße auf ihren Waffen hatten.

9. Struensee aber war gekleidet in ein Gewand von blauen Tuch, und hatte sich verhüllet in einen Mantel von Fellen, und sein Haupthaar war geflochten künstlich: es war aber kein Scheermesser über seinen Bart gefahren bey fünf Wochen.

10. Und er ward gebracht in das Haus des Obersten Feldhauptmanns Hoben, und da ihm die Banden aufgelöset wurden vor der Thüre der Kammer, zitterten seine Schenkel, welches auch geschah zur Zeit, da man sie wieder anlegete.

11. Das Gerücht aber ward gehalten bis um die zweyte Stunde, ehe er zurückgebracht wurde in sein Gefängniß.

12. Struensee aber zagete heftig und konnte keine Ruhe finden in seiner Seele; aber fein Herz war wie ein Fels, und läugnete alle Bosheit, die er begangen hatte gegen seinen Herrn den König, und an allem Volke.

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13. Und man drohete ihm hart, und zeigete ihm an, daß bereit wäre der Peiniger, wenn er nicht bekennete alle Missethat von je her bis auf den heutigen Tag.

14. Er aber verstockte sein Herz und sprach: Ihr werdet mit nichten etwas ausrichten durch den Peiniger: denn mein Gewissen beißt mich nicht, und nach demselben habe ich gehandelt in allem meinen Thun die Zeit her.

15. Da ward einer unter den Richtern sehr zornig und ließ ihn hart an. Struensee aber antwortete und sprach: Da ich bey kaltem Blute bleibe, könntest du, dächte ich, dein kaltes Blut auch wohl behalten.

16. Und man führte Struensee wieder ins Gefängniß.

Das 3. Capitel.

Um die 4te Stunde aber ward Struensee abermals geführet vors Gericht.

2. An demselben Abend ward sein Herz erweichet und er schlug in sich, und fieng an bitterlich zu weinen und bekannte alle Missethat.

3. Und es gefiel wohl allen denen, die im Gericht saßen. Es wurde aber das Gericht auf ihre Art eine Inquisitions-Commißion.

4. Man nennete aber Struensee einen Grafen, wenn er aber vor Gericht stehet, nennet man ihn nicht also.

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5. Das Gericht aber dauerte abermal bis um die siebente Stunde, ehe Struensee zurückgeführet ward in sein Gefängniß.

6. Er ist aber vor die Richter gebracht worden bey fechs Tage lang, und seine Verantwortung währete allemal fünf bis sechs Stunden.

7. Als er aber stund vor seinen Richtern, forderte er ein Schreibzeug, und man gab es ihm.

8. Da fatzte sich Struensee, ( denn es war ihm erlaubet zu sitzen vor den Richtern, wenn er wollte,) und schrieb auf alles, was er verbrochen hatte, und wie er beleidiget habe die Majestät, und gab sich schuldig alles dessen, warum man ihn gefraget hatte, und er schrieb seinen Namen darunter, und gab die Schrift den Näthen und Richtern, die vor ihm waren.

9. Es waren aber der Fragen bey sechs hundert, die er beschuldiget ward.

Und es wurde ihm erlaubt, daß er durfte kommen lassen einen Bartscheerer zweymal je jede Woche; es wurden ihm aber gehalten die Hände, damit er nicht Muthwillen triebe.

10. Und er reinigte sich und salbete sich, und legete ein rein weiß Gewand an täglich.

11. Der König aber befahl, daß man zu ihm sandte einen Priester, und die Reihe kam an den Doctor Münter.

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12. Münter aber redete viel mit ihm aus der Schrift und aus dem Gesetz, und von dem zukünftigen Leben, und versuchts, ob er sein Herz lenken möchte zum Herrn, daß er gedachte an seine Sünde.

13. Struensee aber wollte sein Herz nicht lenken lassen, sondern widersprach ihm.

14. Denn er hatte schädliche Irrthümer, welche nicht geduldet werden in dem Glauben der Christen, und glaubte kein zukünftiges Leben.

15. Und er sprach zu dem Priester, der zu ihm gesandt war: Du kannst wohl meinen Verstand überzeugen, aber mein Herz wird dir immer widersprechen.

16. Münter aber hat nicht abgelassen seit der Zeit, ob er ihn vielleicht bekehren möchte von seines Herzens Härtigkeit, und hat ihm gegeben viele Bücher, darinnen erkläret ist das Gesetz Moyses und die Propheten.

17. Sint der Zeit hat Struensee gelesen mit Fleiß alle diese Bücher, und sein Herz ist weich worden, und wünschet sich länger zu leben, wenn es auch noch härter wäre als jetzt.

18. Es hatte aber Münter geschrieben einen Brief an des Grafen Vater, den Hohenpriester Struensee, darinnen er bat, daß er einen Brief schreiben möchte an seinen Sohn im Gefängniß, daß er ihn tröstete und ermahnete väterlich.

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19. Der Hohepriester aber weigerte sich, solches zu thun, und schrieb einen Brief an Münter, darinnen stunden Worte, die durchs Herz giengen.

20. Münter aber nahm den Brief, und zeigete ihm dem Grafen im Gefängniß, und als er ihn las, konnte er nicht weiter vor Weinen, und sein Herz war voller Jammer.

Das 4. Capitel.

Es ist aber laut worden unter allem Volke, was Struensee gethan hat, und alle seine Tücke, und daß er bekannt habe öffentlich, daß er der Mann des Todes sey, und beleidiget habe die Majestät, und wie er entwendet habe aus dem Schatze des Königes mehr denn eine Tonne Goldes, und sie angewendet zu seinem und anderer Vortheil.

2. Und er erwartet sein Urtheil in seinem Gefängniß, darum, daß er getrachtet hat nach dem Leben des Königes und nach seinem Stuhl, und hat nicht gehalten den Eid, den er ihm geschworen hat.

3. Auch habe er Befehle ausgegeben im Namen des Königs, und mit des Königs Ringe besiegelt, ohne daß es der König wußte, heimlich, welche gefährlich und schädlich waren dem Reiche und dem ganzen Volk.

4. Und Struensee wird nicht mehr geführet werden vor das Gericht, bis auf den Tag, da er empfangen wird das Urtheil, welches der König über ihn beschließen wird.

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5. Was aber mehr zu sagen ist von Struensee und von seinen Thaten, und was er für ein Ende genommen hat, siehe, das werde ich schreiben in ein Buch, sobald es kund worden ist, damit es lesen mögen die Nachkommen, und aufbewahret werde zur Warnung aller, die aus dem. Staube erhoben werden.

Das 5. Capitel.

Und da die Tage des Gerichts vollendet waren über Struensee, da ward auch herbeygeführet der Graf Brandt, welcher sich auch versündiget hatte am Könige mit Struensee.

2. Er aber war gekleidet in ein grün Gewand, auf welches Gold gesticket war, und er ward geführet von einer Zahl Kriegsknechte.

3. Und die Schwere seiner Ketten wog achtzehn Pfund, nach dem Gewichte des Landes.

4. Brandt aber war getrost und gutes Muths, und sprach: daß er verbergen wollte von alle dem, was er wüßte: es ist aber verborgen geblieben alles das, was er geredet hat bis auf den heutigen Tag. Doch sagt man, daß er sich schuldig geachtet habe der beleidigten Majestät.

5. Und einer aus den Priester des Königes ist oft bey ihm, und redet mit ihm aus der Schrift und von heiligen Dingen.

6. Endlich ist auch herbeygeführet worden des Königs Arzt Berger, aber man weiß nicht, was er

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geredet und offenbaret hat den Richtern, und was man ihm schuld giebt.

7. Er ist aber nicht gebunden mit Ketten, wie die andern, sondern darf frey wandeln unter seinen Hütern.

8. Und noch viele andere sind vor das Gericht gebracht, und gefraget worden diß und das, und wer unschuldig befunden worden, hat man los gelassen, daß er frey wandeln konnte seines Weges.

9. Nach diesem allen sind auch gefahren auf ihren Wagen die Richter auf das Schloß Cronenburg, und hatten da ihres Wesens, und richteten aus ihr Geschäfte, wie ihnen der König befohlen hatte; und es wird heimlich gehalten vor den Ohren des ganzen Volks.

10. Und dieses ist die Geschichte von Struensee und seinem Anhange, so viel kund worden ist davon in unsern Tagen, und wie sie gefallen sind in ihre eigene Stricke.

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Das dritte Buch

der Chronika.

Das 1. Capitel.

Der König der Dänen aber, Christian, den man den Siebenten nennt, hatte befohlen allen denen, die er gesetzt hatte zu Räthen und Richtern, zu untersuchen die Uebelthaten des Grafen Struensee und Brandt, und ihres ganzen Anhangs, daß sie nicht ansehen sollten die Person.

2. Und die Richter und Räthe und Aeltesten forscheten genau nach allem, was die Missethäter begangen hatten, und die Schreiber schrieben alles in ein Buch.

3. Und diese Untersuchung währete bey drey Monate; denn die Richter waren schier täglich versammlet, und wurde Gericht gehalten, bald auf der Burg des Konigs bald auf dem Schlosse Cronenburg, wo die Königin Mathilde gefangen saß, am meisten aber an dem Orte, welchen man nennt die Citadelle.

4. Und der König befahl, daß man bestellete zween Vertheidiger, die da erfahren waren in den Gesetzen des Landes, und sie sollten Acht haben,

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daß man ein gerechtes Urtheil spräche, damit man den Missethätern nicht härtere Strafe anthät, als sie verdienet hätten.

5. Und es wurde dem Grafen Struensee zugegeben zum Vertheidiger der höchste Gerichts-Procurator Uldahl, dem Grafen Brandt aber gesetzt einer der hieß Bang.

6. Und Uldahl redete oft mit Struensee und mit der K. Mathilde diß und das, damit er unterrichtet würde von alle dem, was sie in ihrem Sinne gehabt, und was sie gethan hatten.

7. Und der König sprach Uldahl und Bang los von dem Eide, welchen sie ihm geschworen hatten, damit sie handeln und thun konnten, ohne Furcht, in allem, was sie recht deuchte nach dem Gesetzbuch des Landes.

Das 2. Capitel.

Da aber die Richter und Räthe, und die da bestellt waren zu Vertheidigern, alles untersucht hatten nach den Gesehen, so wurde ein Urtheil gefållet über Struensee und Brandt.

2. Und es ward funden im Gesetzbuch, daß sie des Todes schuldig waren: denn ihre Missethat war zu groß, und ihre Seele mußte ausgerottet werden aus dem Lande der Lebendigen.

3. Man durfte aber noch nicht vollziehen an ihnen das Urtheil des Todes, bis daß der König das

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Urtheil unterschrieben hatte, und besiegelt mit seinem Ringe.

4. Und man brachte es zum Könige, und der König las, und es deuchte ihm recht alles, was die Richter und Räthe beschlossen hatten, und er unterschrieb und besiegelte die Schrift.

5. Am fünf und zwanzigsten Tage aber des Monats April wurde Struensee und Brandt abermals geführet vor das Gericht, welches man nennet die Inquisitions-Commission.

6. Und man las ihnen vor alle Uebelthaten, die sie gethan und bekannt hatten, und das Urtheil des Todes, nach den Worten, wie es geschrieben steht im Gesetzbuch.

7. Und als das Urtheil sollte verlesen werden, rufte man herbey einige aus dem Volk, das draußen stund und sich versammlet hatte auf der Casse, damit sie zuhöreten, daß man ein gerechtes Urtheil fällete, und worinnen sich versündiget hätte Brandt und Struensee an dem Könige und an seinem ganzen Hause.

8. Und es fand sich, daß Struensee entwendet hatte aus dem Schatze des Königs mehr den sechs Tonnen Goldes, und daß er Befehle ergehen lassen im Namen des Königs, ohne des Königs Wissen und Willen. 9. Auch hatte er gepflogen einen verbotenen und schändlichen Umgang, und hatte viele Briefe

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zurückbehalten und erbrochen, welche an den König geschrieben waren.

10. Es geht aber auch ein Gerücht, daß er entwendet habe aus der Königl. Krone einen Diamant von unschätzbarem Werthe, und hat begangen noch viele Uebelthaten, die man nicht alle erzählen kann diesem Buche.

11. Und von Brandt ward gefunden, daß er gewußt habe alles das, was Struensee verübet hatte, und wie er verbotene Liebe gepflogen, und es nicht angezeiget.

12. Auch habe er geleget seine Hand an die geligte Person des Königs, und ihn mißgehandelt

schändlich. 13. Und die Thüren waren aufgethan, und des Todes laut vor den Ohren

des Volks: 14. Daß Struensee und Brandt verbrochen hätte nach dem Gesetze Ehre, Leben und Gut.

15. Und sie sollten verlustig seyn ihrer Gräflichen und aller andern ihnen ertheilten Würde, und ihr Wapen sollte von dem Peiniger auf dem Richtplatze zerbrochen werden.

16. Auch sollte ihnen abgehauen werden die rechte Hand, weil sie noch ledeten, und alsdenn

der Kopf; ihre Leiber aber sollten geviertheilet und auf Räder geleget werden.

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17. Und man sollte stecken den Kopf auf einen Pfahl, und die Hand daran heften mit einem Nagel, zum ewigen Gedächtniß und zum Abscheu allen, die vorüber giengen.

18. Also soll man thun denen, die ihre Hand aufhoben wider den König.

19. Und Struensee und Brandt horeten zu mit starkem Muthe, sahen einander an, und verwunderten sich baß, daß man ihnen nicht eine härtere Pein anthun würde; denn sie hätten geglaubt, daß man ihre Leiber lebendig zerbrechen würde mit einem Rade von unten auf.

Das 3. Capitel.

Und es kam die Zeit, daß man vollziehen sollte das Urtheil an Struensee und Brandt nach dem Gesetze, wie der König befohlen hatte, am acht und zwanzigsten Tage des Monats April. Denn man eilete, daß ihre Seele vertilget würde.

2. Es war aber vor dem Oster-Thore ein Acker, welchen man nennet das Stadtfeld.

3. Und man richtete zu ein Gerüste von Holz auf demselben, je neun Ellen hoch, und acht Ellen lang, und acht Ellen breit ins Gevierte.

4. Und es wurde bekannt gemacht an demselben Tage allem Volk, daß man würde vollziehen das Urtheil an Struensee und Brandt auf den folgen-

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5. Und da der Tag anbrach, siehe, da versammlete sich eine Menge Volks, wie Sand am Meere, daß nicht zu zählen war alles Volk, das zum Thore ausgieng, zu sehen das Blutgerichte an den Misselthätern.

6. An demselben Morgen um vier Uhr fieng sich an, die Menge des Volks zu versammlen aus allen Enden beyde groß und klein, und währete bis um die neunte Stunde, daß das Volk aus- und eingieng nach der Stätte.

7. Denn jedermann wollte sehen was vorgieng mit den Missethätern.

8. Und man hatte versammlet eine Zahl Kriegsknechte bey achthundert, welche umgaben das Blutgerüste.

9. Und der Feldhauptmann Eichstedt ordnete alles selbst, wie es ihm gut dünkte, auf dem Richtplatze.

11. Auch wurden versammlet eine Menge von Lenen, welche dienen auf den Schiffen des Königs, und genennet werden Matrosen, bey drey tausend, und wurden gestellet bey dem Blutgerüste.

12. Es waren aber die Missethäter an demselben Morgen in ihrem Gefängnisse bereitet worden zum Tode von den Priestern des HErrn, und hatten das Abendmahl empfangen, nach der Weise und Gottesdienst der Christen.

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Das 4. Capitel.

Als aber dieses geschehen war, kam des Königs Vogt Orved, und es war um die achte Stunde, daß er abforderte die Missethäter aus ihren Gefängnissen, auf daß sie geführet würden an den Ort, wo sie sollten hingerichtet werden.

2. Und Orved war umgürtet mit einem großen Schwerdte, das hing an seiner Hüften, nach der Weise und Herkommen bey dem Volke der Dänen, wenn man die Missethäter pflegt zu führen an die Schädelstätte.

3. Und man satzte die Missethäter in einen Wagen, der entlehnt war, je jeden in einen besondern, und es saß bey ihnen ein Unter-Hauptmann über Fünfzig, und zwey, die gesetzt sind über Zehen.

4. Und es umgaben die Wagen zweyhundert Reußige auf Rossen, die hatten ihre Schwerdter ausgezogen, nebst vielen Kriegsknechten zu Fuß, welche kleine Spieße auf ihren Waffen hatten, und es folgte ihnen viel Volks nach.

5. Es war aber um die neunte Stunde, da man die Missethäter hinführete an den Ort, wo sie sollten enthauptet werden.

6. Und es erwarteten ihrer daselbst die Priester Hee und Münter, und der Königliche Vogt Orved, und einige der Diener, welche genennet werden Justitz-Bediente,

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7. und da die Missethäter ankamen auf dem Richtplatze wurde der Graf Brandt zuerst hinauf geführet auf das Gerüste, und neben ihm gieng der Priester Hee, und Hee hielt an mit Ermahnung und Trost heftig.

8. Der Graf Brandt aber war starken Muths, und sein Angesicht war ernsthaft und unerschrocken,

aber nicht frech: und er hörte alles getrost an.

9. Denn er freute sich im Geist, daß er schauen sollte das Antlitz des HErrn seines GOttes nach einem nur kleinen Leiden. Denn er trug Leide

über feine Sünde, daß er beleidiget hatte GOtt und den König.

10. Und er hatte sein Haupt bedeckt mit einem Hute, welcher mit Golde geneht war um und um.

11. Alsbald aber wurde ihm vorgelesen das Urtheil seines Todes, und was er verbrochen hatte wider den König.

12. Da entblößte er sein Haupt, und hörete an, und sah auf gen Himmel, und zuckte seine

Schultern eins und zwier.

13. Und man merkte an ihm, daß er Buße gethan hatte vor dem HErrn über seine Sünde.

14. Da aber die Worte des Urtheils verlesen wurden, entblößte jedermann sein Haupt, der auf dem Gerüste war.

15. Und da die Worte vollendet waren, bedeckte auch Brandt sein Haupt gleichwie die übrigen.

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16. Und der Priester Hee hob wieder an zu reden, sehr heftig und mit lauter Stimme, daß es alles Volk hören konnte, und einigemal redete Brandt selbst mit unerschrockenem Muthe vor dem Tode, und wendete sein Angesicht nicht von dem Priester weder zur Rechten noch zur Linken.

17. Und der Priester legete die Hand auf ihn, und segnete ihn, und überantwortete ihn dem Peiniger, daß er thät, wie ihm befohlen war.

Das 5. Capitel.

Da nahm der Peiniger das gräfliche Wapen des Brandts, welches gemahlet war auf eine Tafel von Holz, und zeigete es allem Volk rings umher, und zerbrach es vor den Augen Brandts und warf es nieder zur Erden.

2. Und alsbald warf Brandt seinen Mantel von sich, welcher gemacht war von Fellen der wilden Thiere.

3. Und siehe, da stund Brandt da in einem grünen Kleide mit Golde angethan.

4. Und er griff eilend umher in alle seine Taschen, nach der Gewohnheit wie er pflegte zu thun, als er noch erhoben war in seinen Würden.

5. Und er zog selber aus seinen Rock, und entblößte seinen rechten Arm, und zog aus sein leinen Gewand, womit er bekleidet war auf der bloßen Haut.

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82 Alsbald knieete Brand nieder zur Erde und betete, und legte sein Haupt auf einen Klotz, und seine rechte Hand auf einen andern, der neben ihm

stund 7. Der Priester Hee aber wich nicht von ihm mit Trost und Ermahnung, sondern redete kräftig, daß er getrost sey und unverzagt vor des Todes Bitterkeit.

8. Und in einem Augenblick hieb der Peiniger die Hand ab, und trennete den Kopf von seinem

mit einem Beil, das darzu bereitet war;

Hand abgehauen war, rührte Brandt sich nicht mehr.

9. Und er starb nicht als ein Heuchler, und auch nicht als ein Frecher, sondern er verbiß die Bitterkeit des Todes.

10. Da aber Brandt tod war, traten hinzu die Knechte des Peinigers und zogen die Kleider von dem Körper und schnitten ihm die Schaam ab, und warfen sie in ein Gefäß.

11. Und alsdann schnitten sie ihm den Leib auf, nahmen das Eingeweide heraus und warfen es in das Gefäß.

12. Den Körper aber theilten sie mit einem Beil in vier Theile, und man ließ die Stücken hinab an

einen Seil auf einen Wagen, der dazu bereitet war, je jedes Stück besonders.

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13. Und man hob den Kopf in die Höhe und auch die Hand, und zeigete sie dem Volk rings umher, und man warf es hinab auf den Wagen.

14. Und man bedeckte das Blut mit Sande, damit nichts mehr gesehen wurde.

15. Da kam allem Volk Grauen und Entsetzen an, denn es war ein Scheusal vor allen Augen.

Das 6. Capitel.

Und da alles dieses vollendet war, ward auch herbey geführet Graf Struensee, und mit ihm ging der Priester Münter auf das Blutgerüste.

2. Struensee aber war ernsthaft und betete eifrig zu seinem Gott, und man konnte an ihm sehen bittre Reue in seinem Antlitz über seine Sünde; Münter aber redete sehr stille mit ihm.

3. Da hob Struensee seine Augen auf gen Himmel und seufzete.

4. Und da er auf das Gerüste trat, nahm er ab seinen Huth und entblößte sein Haupt, und bedeckte sich nicht weiter.

5. Alsbald aber wurde ihm vorgelesen das Urtheil des Todes, und was er verbrochen hatte, und daß er des Todes schuldig sey.

6. Und der Priester redete weiter mit ihm, und tröstete ihn gegen die Schrecken des Todes.

7. Da wurde Struensee wacker, und sein Herz ward ruhig und getrost, und jedermann verwunderte sich baß.

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8. Da wurde auch zerbrochen das gräfliche Wapen des Struensee, und geschah also, wie man gethan hatte bey dem Grafen Brandt.

9. Und Münter übergab ihn dem Peiniger, daß er thät nach dem Befehl des Königes, und der Aeltesten und der Richter.

10. Da warf Struensee seinen Pelz von sich und seinen Huth, der nicht mit Golde umnehet

war, wie des Grafen Brandt.

11. Und siehe, da stund Struensee da in einem Kleide von blauen köstlichen Sammet, und er zog es selber aus.

12. Und er hatte ein zwiefach leinen Gewand an auf der bloßen Haut, und er zog es aus.

13. Und er betete und knieete nieder, und legte sein Haupt auf den Klotz, wie auch die rechte Hand. 14. Da aber der Peiniger die Hand abgehauen hatte, hob Struensee sein Haupt, ein wenig in die Höhe, und sogleich trennete man den Kopf von seinem Rumpf.

15. Münter aber hatte nicht aufhören zu reden mit süßen Trost, der in seine Seele floß, wie Balsam, bis daß Struensee tod war.

16. Da zogen die Knechte des Peinigers den Leichnam aus, schnitten ihm die Schaam ab, und das Eingeweide aus seinem Leibe, und warfen es

in ein anderes Gefäß, und nicht zu dem Eingeweide des Brandts.

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17. Und theilten den Leib in vier Theile, und warfen alles auf einen andern Wagen, der dazu bereitet war.

Das 7. Capitel.

Nachdem alles dieses vollendet war, brachte man die zerstümmelten Körper nach der Schädelstätte vor dem Wester-Thore, welche man nennet den Galgenberg.

2. Und die vier Stücken eines jeden Körpers wurden auf ein Rad gelegt, je jedes Stück auf ein Rad besonders.

z. Den Kopf aber steckte man auf einen Pfahl, und nagelte die Hand daran.

4. Die Gefäße aber mit dem Eingeweide vergrub man in die Erde, daß nichts mehr zu sehen war von alle dem, was man aus dem Leibe genommen hatte.

5. Und die zerstückten Leichname liegen zur Schau und zum Abscheu allem Volk bis auf den heutigen Tag.

6. Und die vorher prangeten in ihrer Herrlichkeit, und in Purpur und köstlichem Gewand, sind nun geachtet wie ein Aas, und die Vögel unter dem Himmel fressen ihr Fleisch.

7. Denn sie hatten sich versündiget schwerlich an dem Herrn ihrem Gott und dem Könige, darum mußte ihre Seele ausgerottet werden aus dem Lande

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der Lebendigen, und aus der Gemeine des Herrn immerdar.

8. Alles Volk aber, das stund und zusah, war stille, bis das vollendet war alles; und es war sehr bewegt in seinem Herzen, und jedermann schlug an seine Brust, und kehrete um, ein jeder in seine Hütten.

9. Also ist Struensee und Brandt vertilget worden von der Erde: und man streuete Salz auf den Ort, wo sie hingerichtet waren, zum Zeichen, daß ihr Gedächtniß sollte vertilget werden.

10. Der König aber blieb nicht auf seiner Burg an demselben Tage, sondern fuhr auf seinem Wagen einen Sabbather Wegs weit von der Stadt.

Das 8 Capitel. Es war aber auch ein Oberster des Kriegsvolks, der hieß Falkenschiold, und noch ein anderer, der hieß Hasselberg. Und sie waren auch von dem Anhange des Struensee, und waren gefangen genommen auf den Tag, da man Struensee gefangen hatte.

2. Und da Struensee und Brandt genommen waren aus ihren Kerkern, da wurden Falkenschiold und Hasselberg gebracht in dieselben Gefängnisse, daß sie daselbst verwahret würden bis auf den Tag, da sie ihr Urtheil empfangen sollen.

3. Und es gehet eine Rede unter dem Volke, daß auch Falkenschiold empfangen werde ein schwe-

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res Urtheil, weil er auch große Missethaten begangen hat mit jenen.

4. Was aber geschehen wird mit Struensee, der ein Bruder ist des Grafen Struensee, und den man nennet des Königs Justiz-Rath, und mit dem Arzt Berger, und mit allen andern, welche Theil haben an den Anschlägen des Grafen Struensee, siehe, das ist verborgen, bis auf den heutigen Tag, denn man hält alles heimlich.

5. Sobald aber Struensee todt war, wurden seinem Bruder die Ketten abgenommen, daß er frey wandeln konnte in seinem Gefangniß; denn er hatte auch Fesseln getragen, wie die andern.

6. Der Grnf Struensee aber hatte gelegen in seinem Kerker geschlossen mit einer Kette an der Wand, und gefesselt an einen Arm und Bein.

7. Da aber der Tag herannahete, an welchem er sollte hingerichtet werden, so wurde er erlöset von der Ketten an der Wand: er blieb aber gebunden an dem Arm und Fuße, bis daß er gebracht war an das Blutgerüste, und es geschah auch also mit dem Grafen Brandt.

8. Und nach dem Tage, als die Missethäter enthauptet sind, wurden herbey gebracht einige Sclaven, die um ihrer Sünde willen gefangen sind, und sie mußten zerbrechen das Gerüste, auf welchen die Uebelthäter ihr Urtheil empfangen hatten, bis auf den Grund.

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9. Und ist nichts mehr zu sehen. Es gehet aber täglich eine Menge Volks an den Ott, wo die Körper der Missethäter liegen zum Abscheu, zu schauen die zerstückten Leichname und die Häupter.

10. Und der Ort wird nicht leer täglich, bis auf diese Stunde.

11. Also hat Gott offenbaret die Anschläge des Grafen Struensee und seines Anhanges, und hat sie zu nichte gemacht. Und Struensee ist gefallen wie Haman; darum, daß er gestanden hat wider den Gesalbten des HErrn und sein Volk.

12. Wenn es euch aber gefällt, ihr Brüder von dem Geschlechte Israel, so will ich auch beschreiben, was geschehen ist mit denen, die noch gefangen sind, wenn es kund worden ist.

13. Und ihr sollt es verwahren, daß es lesen die Nachkommen, und weise werden, und nicht sündigen wider ihren König.