Graf Struensee am Rande seiner irdischen Zernichtung; von J.C.v.G.

Graf

WS fruensee

am Rande seiner irdischen

Zernichtung;

von

As C. Vv. OG.

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Der Hülle Vorhang fällt, des Schicksals Scene schüttert,

Graf Struensee! dir winkt ein schmälig herber Tod!

Du, der bisher für nichts auf diesem Rund gezittert,

Bebt jetzt vielleicht dein Muth, da Beil und henker droht?

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Nein, wafnet die Natur vor schrbckenden Gedanken,

Zerstäubt die Phantasie der feilen Furchtsamkeit,

Ihr Geister, die selbst nie am dustern Abgrund wanken,

Wenn hier ein Aeol stürmt, und dort die Hölle dräut!

Ha! lohnt der falsche Pracht der Ehre nur mit Schweizern?

Lockt uns der Wollust Gift blos zur Zernichtung hin?

Auch nicht die weite Welt schützt uns fur grausen Mördern,

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Wer sind wir? Menschen! ja, zu einem Glück gebohren,

Doch nur ein Traum des Glücks, der schnell vorüber fährt,

Nur einzle, die zum Thron, zu Königen erkohren!

Nur wenige, der Last der schwehren Krone werth!

Erst reizt ihr schimmernd Gold und drängt uns in Palläste,

Und der Bestimmung Ruf verfliegt schnell wie ein Dampf,

Der Hochmuth mischet sich im Pomp der Fürsten Feste,

Und dann zertritt er schon der reinen Tugend Kampf,

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Ein Höfling schmeichelt uns, wir schmeicheln unsern Kräften,

Und Eigenliebe dämmt stets den verwegnen Lauf,

Kühn rauschen wir dahin in blendenden Geschäften,

Und sie blühn allzufrüh in unfern Händen auf!

Ein lauter Ruf durchströhmt die glanzenden Gemächer,

Nom Günstling dringt er bald bis zu des Königs Ohr,

Dann breitet sich sein Flug auf niedrer Härden Dächer,

Und eine Rose steigt aus Staub und Sand empor!

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Die Knospe dfnet sich, und goldne Purpurstrahlen,

Verschönern ihren Reiß und ihres Frühlings Pracht,

Doch schnell entblättert sie, sinkt hin und ist gefallen,

Verwüstend decket sie des Todes kalte Nacht!

So schaut des Landmanns Blick die voll gedrängten Felder,

Und rechnet unbesorgt der Garben Fruchtbarkeit,

Ein Augenblick, so droht auf Gipfeln dunk ler Wälder,

Zerstörung, Fluth und Sturm schon der Zufriedenheit!

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Kurzsichtig ist bek Mensch, und strauchelnd seine Pfade,

Beschließt erst die Vernunft blos seines Laufes Bahn,

Nicht länger dreist gestützt auf jener Vorsicht Gnade,

Umhüllt sein schwaches Aug erfindungsreicher Wahn!

Ein falscher Glanz betäubt die schnell gereihten Sinnen,

Ein rauschend Flittergold umstrahlt das schwächte Herz,

GOTT und Religion anbethungsvoll zu dienen,

Wird bald dem Sterblichen nur Thor heit, Spott und Scherz.

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So riß auch mich ein Strohm von wilden Leidenschaften,

Ehrgeitz und Lüsternheit, zum ofnen Abgrund hin,

Sie, die der Tugendkeim aus meiner Seele rasten,

Bereiten mir nun jetzt den sthröcklichsten Gewinn!

Erst ganz von GOTT getrennt, beschlossen Missethaten

Mit unbegranztem Flug des Lebens jeden Tag,

Und wenn ich auch noch einst zum Wohl des Staats gerathen,

So war es doch nur List, die aus dem Busen sprach!

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Und endlich, Himmeln! deckt mein frechestes Verbrechen

Mit undurchdringlichen, mit düstern Wolken zu!

GOTT muß den Frevel selbst mit allen Donnern rächen,

Und keine Ewigkeit verspricht dem Geiste Ruh!

Wer den Gesalbten äst der Reich und Volk beglücket,

Ja die verdammte Faust nach seinen Kronen streckt,

Ist würdig, daß ihn schnell ein Feuerkeil zerstücket,

Und aller Welt Gebürg mit eisern Lasten deckt.

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Mein König! dessen Huld mein schwarzes Herz entehret,

Ja, die mich sterbend jetzt noch zur Erkenntniß ruft,

Sieh dieses rohe Herz von Martern ganz verzehret,

Voll Danks und Reue hier an meiner Todeskluft!

Dein Urtheil ist zu mild, zu gnädig meine Strafen,

Nachdem auch Christian für diesen Geist gewacht,

Ha! sollt ich ewig noch im Sundentaumel schlafen?

Da nun ein hohers Licht in meiner Seele tagt!

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Mathilde! darf ich Dich auch noch zu nennen wagen?

Dich, Die ich zügellos von Deinem König riß!

Darf ich Dir noch ein Wort vor meinem Scheiden sagen?

Nie stirbt mein Kram mit mir und des Gewissens Biß!

Dich Julianen wird ein Seraph stets begleiten,

Und Friedrich tugendvoll Dir stolz zur Seite stehn.

Durch Euren weisen Arm wird sich. diß Reich verbreiten,

Und die Provinzen je ein holder Flor erhöhn!

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Noch bindet eine Pflicht die letzten Augenblicke,

Mein Vater, Mutter, ach! welch schockend marternd Bild!

300 doch mein Tod nur euch aus Sarg und Grab zurücke,

Aus dem für mich ein Strohm gesalzner Thränen quillt!

Ihr, die ihr mich schon früh der Tugend Pfad geführet,

Euch spricht GOTT und die Welt von allen Schulden loß,

Ich, ich Hab mich allein von diesem Weg verirret,

Und Leichtsinn schuf in mir den Missethäter groß.

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O! wenn GOTT je das Hert gebeugter Menschen stärket, Ja HERR, so tröste jetzt diß tiefgeschlagne Paar, JEHOVA! wenn dein Ohr der Unschuld Flehen merket, So sey dein segnend Wort auch glorreich an ihm wahr! Beflügle Engeln hin, die ihre Häupter stützen, Die die Verzweiflung dort auf welke Arme stämmt, Sieh! wie sie ganz zerstreut auf harter Erde sitzen, Und nicht Vernunft und Freund der Schwehrmuth Fluten zamt!

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Noch nicht genug, daß ich als ein Verruchter sterbe,

Nein, auch des Bruders Hand legt ich die Fesseln an,

Damit auch mein Geschlecht mit mir zugleich verderbe,

Und keine Hofnung wehr die Qualen lindern kan!

Graf Brand! mitschuldiger Freund der uns betrognen Lüste,

Betrette muthig nur zuerst die Dornenbahn!

Schon trieft dein heißes Blut von diesem Schaugerüste,

Ha! steige standhaft nun zur Ewigkeit hinan.

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Sie, diese Ewigkeit wird uns nun bald vereinen,

Und dort erwarten wir noch ein entscheidend Looß!

Vielleicht zählt GOttes Huld uns doch zu denen Seinen,

Dann sein Erbarmen bleibt für alle Sünder groß!

Nun hier ist diese Faust, diß Haupt voll Lasterschulden,

Der Leib, der bald zerstückt, der Raa den Speise wird.

Kein banges Zaudern mehr, kein ängstliches Gedulten,

Ihr Henker! sättigt auch an mir die Blutbegierd!